rheinische ART
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rheinische ART 07/2014

Archiv 2014

WILLY MELLER
Der Adlermacher
 

Die Ausstellung ist klein, thematisch ungewöhnlich und höchst interessant. Mit ihr gibt die Kunst- und Museumsbibliothek (KMB) Köln einen kritischen Einblick in das Werk des Kölner Bildhauers Willy Meller. Er vermarktete seine Kunst kontinuierlich über drei Geschichtsepochen hinweg. „Ein Künstler zwischen Diktatur und Demokratie“ titelt die Schau. Sie lässt die Ambivalenz im Werk dieses NS-Skulpteurs erkennen, dessen Schaffen bislang kaum intensiv untersucht wurde.

 

Willy Meller: Reichsadler 1938/1939, in zweifacher Ausfertigung an der Hauptfassade des Reichsministeriums für Volksaufklärung und Propaganda (RMVP), Berlin, Mauerstraße. Während der Weimarer Republik arbeitete Meller überwiegend in den Bereichen „Kunst am Bau“ und Denkmalgestaltung. In der NS-Zeit war er ein gefragter Bildhauer für Monumentalplastiken. Foto (Ausschnitt): Privatbesitz, M. Krajewsky, Repro: Kunst- und Museumsbibliothek

 

Willy Meller (1887–1974) kann als Prototyp jener Kreativen und Karrieristen gesehen werden, die zweifellos von der NS-Diktatur profitierten – und danach neuen Herren gerne und erfolgreich zu Diensten waren. Im Falle Willy Mellers hieß dies: Nach der Hitler-Zeit konnte er fast nahtlos in der Adenauer-Zeit erneut sein Können gewinnbringend einsetzen. Und die Nachfrage war erstaunlich groß.

     Bekannt wurde Meller in der NS-Zeit durch die Zusammenarbeit mit seinem Jugendfreund, dem Kölner Architekten Clemens Klotz. Für von Klotz konzipierte Großprojekte wie dem Olympiastadion Berlin, dem gigantischen KdF-Seebad Prora auf Rügen und den NS-Ordensburgen Krössinsee/ Pommern und Vogelsang/Eifel (mehr) entwarf er bauplastische, repräsentative figürliche oder ornamentale Arbeiten etwa für Gebäudeeingänge.

 

Kriegerdenkmale Der junge Meller, gelernter Bildhauer, absolvierte mit einem städtischen Stipendium ausgestattet unter anderem ein Studium an der Münchener Akademie der bildenden Künste. Zurück in Köln beteiligte er sich 1914 an der großartigen Werkbundausstellung (mehr). Im Jahr darauf wurde der 28-Jährige Soldat, erlebte den Ersten Weltkrieg an der Westfront, wo er um 1918 mit der Gestaltung von Soldatenfriedhöfen beauftragt wurde. Das Sujet wurde in gewissem Maße eines seiner Hauptarbeitsgebiete. Denn Meller erhielt in den 1920er Jahren zahlreiche Aufträge für Kriegerdenkmale.

 

Willy Meller Sterbender Löwe, 1929, Kriegerdenkmal 1914-1918 in Neuss. Die Bronzeskulptur wurde den über 900 im Ersten Weltkrieg gefallenen Söhnen der Stadt gewidmet. Die Skulptur wiegt 688 kg, misst 3,25 m in der Länge und 1,50 m in der Höhe. Sie ist auf einem Sockel vor dem Zeughaus am Markt platziert. Foto: Stadt Neuss

 

Willy Meller Basaltrelief Reichsadler, 1936. Es ziert das Portal der Abfertigungshalle des Kölner Flughafens Butzweilerhof, der 1926 von Konrad Adenauer eingeweiht worden war. Bei Ausbau und Modernisierung nach Entwürfen des Architekten Hans Mehrtens wurde das sog. „Luftkreuz des Westens“ 1936 mit Monumentalelementen der NS-typischen Architektur kombiniert. Foto Hugo Schmölz (mehr), Köln vor dem Krieg, S. 348, Greven Verlag 2012

 

Im Rheinland sind bis heute Ehrenmale aus seiner Werkstatt unter anderem in Viersen-Dülken, Korschenbroich-Glehn und Neuss erhalten. Offenbar war es gerade diese Art von Kunst, mit der er sich dem heraufziehenden Nationalsozialismus empfahl.

 

Vom Reichs- zum Bundesadler Sein wohl bedeutendster Auftrag vom NS-Regime waren die Skulptur-Arbeiten für das Olympiastadion in Berlin (Deutsche Nike/ Siegesgöttin, 1935). Dafür wurde der Bildhauer 1937 mit dem „Deutschen Olympia Ehrenzeichen II. Klasse“ ausgezeichnet, im selben Jahr trat Meller der NSDAP bei und zwei Jahre später wurde er zum Professor ernannt. In den 1940er Jahren waren Mellers Werke auf Kunstausstellungen zu sehen, so etwa im Haus der Deutschen Kunst in München.

     Der Rheinländer galt unter anderem als Fachmann für Adler, genau genommen für Reichs- und Parteiadler. Monumentale Reliefs oder Skulpturen mit Adler-Symbolik fertigte er etwa 1936 für den Kölner Flughafen Butzweilerhof, für das Berliner „Reichsministerium für Volksaufklärung und Propaganda“ oder für die NS-Ordensburg Vogelsang in der Eifel. Aber auch nach Kriegsende 1945 für das Palais Schaumburg in Bonn – dem ersten Sitz der Adenauer-Regierung in der jungen Bundesrepublik, da war es dann aber ein Bundesadler.

 

 

In den Folgejahren schuf Meller Skulpturen für verschiedene öffentliche Auftraggeber wie die Deutsche Bundespost, die Filialen in Dortmund, Bochum und Hagen von ihm gestalterisch bearbeiten ließ. Die Auftragslage des einst meistbeschäftigten NS-Bildhauers, der in der Rangliste der Gilde hinter den populären Arno Breker und Josef Thorak der zweiten Garnitur zugeordnet wurde, war im neuen Deutschland erstaunlich gut.

 

Willy Meller, Foto: Privatbesitz, Repro: Kunst- und Museumsbibliothek

 

     Die Entnazifizierung durchlief Willy Meller, der sich selbst als unbelastet und unpolitisch einschätzte, als minder schwerer Fall, als „Mitläufer“. Von seiner ideologischen Einstellung, darauf verweist KMB-Ausstellungsleiterin Elke Purpus, mochte er aber nicht lassen. Mellers wichtigstes Nachkriegswerk, die Skulpturengruppe „Die Opfer“ von 1961, heute auf dem Frechener Alten Friedhof St. Audomar stehend, zeige nur deutsche Opfer. Für Tote aus KZ´s oder anderer Länder hatte er keinen Raum. Die Stadt Köln vergab nach 1945 an Willy Meller wegen seiner Verstrickung in den NS-Staat keine Aufträge. K2M

 

Die Ausstellung „Willy Meller. Ein Künstler zwischen Diktatur und Demokratie. Ein Bestand in der Kunst- und Museumsbibliothek" wird bis zum 10. August 2014 gezeigt.

Kunst- und Museumsbibliothek (KMB)
im Museum Ludwig

Heinrich-Böll-Platz/ Bischofsgartenstraße 1
50667 Köln
Tel. 0221/ 221-2 26 26

Öffnungszeiten
DI - DO 10 - 21 Uhr 
FR - SO 10 - 18 Uhr 

 

 

 

 

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