rheinische ART
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rheinische ART 02/2017

Archiv 2017

GÜTLICHE EINIGUNG
Der wirre Weg des Fruchtkorbs


Der prachtvolle Star ist über 350 Jahre alt und Mittelpunkt einer Schau im Düsseldorfer Kunstpalast. Was der Besucher nicht so ohne weiteres bemerkt: Die Geschichte des Gemäldes „Stillleben mit Fruchtkorb an einer Eiche“ des Malers Abraham Mignon (1640-1679) war bislang äußert umstritten.
 

Abraham Mignon Stillleben mit Fruchtkorb an einer Eiche (auch: „Stillleben mit Früchtekorb. Kürbis, Melone und Pfirsiche an einer Eiche“), um 1670, 87 x 68 cm, Öl auf Leinwand, Museum Kunstpalast, Inv. Nr. M 59, Foto Inken Holubec

 

Es war ein jahrelanges Hickhack, das sich die Stadt Düsseldorf ab 2009 mit den Erben eines jüdischen Vorbesitzers des barocken Gemäldes lieferte.

     Die Stadt hatte den „Augenschmaus“ 1936 erworben und dem Museum Kunstpalast überlassen. Der Vorwurf der Erben: Das Stillleben gehöre ihnen und nicht der Stadt. Im Klartext: Es ging um nichts Geringeres als um die Frage, ob das cirka 1670 geschaffene Gemälde als Raubkunst zu bewerten sei und daher restituiert, also zurückgegeben werden müsse.
 
Düsseldorf war bereit, 150.000 Euro zu zahlen, was die Erben ablehnten. Drei Gutachter wurden beauftragt, den Wert des Fruchtkorb-Gemäldes zu schätzen – die Spanne war bemerkenswert breit. Der untere Wert lag bei 210.000 Euro, der obere bei 1,1 Millionen Euro.
     Gelöst werden konnte der Konflikt nur mit der „Beratenden Kommission für die Rückgabe NS-verfolgungsbedingt entzogener Kulturgüter“ in Magdeburg. Die Erben erhielten - als gütliche Einigung - 200.000 Euro als Entschädigung, die von der Stadt Düsseldorf, dem Land und der Kulturstiftung der Länder aufgebracht wurden. Anlässlich des Abschlusses des Restitutionsverfahrens zeigt das Museum Kunstpalast derzeit das umstrittene Stillleben mit anderen Frucht- und Blumenstücken in einer Ausstellung.

Der Fall ist ein markantes Beispiel, wie kompliziert und verworren die Sachlage bei sogenannten Raubkunstfällen sein kann, und wie es lediglich per gütlicher Einigung gelingt, eine für alle Seiten tragfähige Lösung zu finden.
     Ein Blick auf die Geschichte des Streitobjektes. Das Stillleben befand sich ab etwa 1722 in der Sammlung des Sächsischen Kurfürsten Friedrich August I. in Dresden, wurde 1924 im Zuge der „Fürstenabwicklung“ an das Haus Wettin abgegeben und im selben Jahr an den jüdischen Verleger Ludwig Traube in Berlin weiterverkauft.
     Durch Erbauseinandersetzungen in der Familie und einer finanziellen Schieflage des Verlags kam es 1935 in Berlin zu einer Versteigerung der Villa Traube samt Mignons Stillleben. Das Gemälde gelangte zu einem nicht mehr feststellbaren Preis im April 1936 in den Besitz der Düsseldorfer Galerie Paffrath, die es für 4900 Reichsmark an die Stadt beziehngsweise das Städtische Kunstmuseum veräußerte.
 
Die Kommission unter dem Vorsitz der früheren Präsidentin des Bundesverfassungsgerichts Jutta Limbach (1934-2016) vermittelte auf Wunsch zwischen der Stadt und den Klägern. Die Stadt hatte dargelegt, dass die Versteigerung 1935 im Rahmen eines Erbschaftsstreits in der Familie veranlasst worden sei und daher kein NS-verfolgungsbedingter Vermögensverlust vorgelegen habe. Ob der nationalsozialistische Verfolgungsdruck bei dieser Versteigerung dennoch eine wichtige Rolle spielte, blieb dagegen ungewiss.
     Angesichts der nicht mehr aufklärbaren und undurchsichtigen Geschichte der Versteigerung des Mignon-Gemäldes 1935 empfahl die Kommission die von der Erbengemeinschaft geforderte Restitution nicht (mehr). Sie sah die angestrebte „faire und gerechte Lösung“ vielmehr in einem Ausgleich der Interessen beider Parteien und empfahl, dass die Stadt Düsseldorf das Gemälde nicht restituiert, den Erben jedoch eine Ausgleichszahlung von 200.000 Euro zahlen solle. Diese Empfehlungen wurden von den Parteien akzeptiert. Das Gemälde bleibt im Düsseldorfer Kunstpalast.
K2M

Die Ausstellung SPOT ON: Augenschmaus mit Abraham Mignon – Stillleben des 17. bis 20. Jahrhunderts aus der Sammlung wird bis zum 2. Juli 2017 gezeigt.
Museum Kunstpalast
Kulturzentrum Ehrenhof
Ehrenhof 4 – 5
40479 Düsseldorf
Tel. 0211 / 56642100
Öffnungszeiten
DI – SO 11 – 18 Uhr
DO bis 21 Uhr
 
 

 

 

 

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