rheinische ART
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rheinische ART 07/2017

Archiv 2017

ADENAUER UND KÖLN 

Konrad der Große

 

Sechszehn Jahre war Konrad Adenauer, der in Deutschland wie kaum ein anderer Politiker verehrt wird, auch Stadtoberhaupt der Rheinmetropole Köln.

 

Heinrich Hoerle Kölner Zeitgenossen, Wachsfarbengemälde, 1932. Dargestellte Personen (v.l.): Willi Ostermann, Konrad Adenauer, Trude Alex(-Hoerle), Hein Domgörgen und Heinrich Hoerle selbst. Kölnisches Stadtmuseum/ Foto: Rheinisches Bildarchiv, Wolfgang F. Meier

 

Der Mitbegründer der Avantgardebewegung „Kölner Progressive“, der Maler Heinrich Hoerle (1895-1936), stellte 1932 – als die Hakenkreuzfahnen bereits unübersehbar flatterten - in seinem Gemälde "Kölner Zeitgenossen“ jene Personen zusammen, die für ihn den Zeitgeist der Stadt repräsentierten: Ein Quintett von Außenseitern aus Politik, Karneval, Kunst und Kultur – farbfroh wie eine Narrenkappe.

 

Mit maskenhaften Gesichtern  und kubischen Körpern treten auf: das Karnevalsidol Willi Ostermann, daneben Oberbürgermeister Konrad Adenauer, die Chansonette Trude Alex, der Boxer Hein Domgörgen und Hoerle selbst mit einem rot-weißen Städtfähnchen. Ein Jahr später war Adenauer seines Amtes enthoben. Fünf Jahre später, da ist Hoerle bereits verstorben, wird eines seiner Werke als „Widerliche Schablonenmalerei“ in München als „Entartete Kunst“ diffamiert.
     Hoerles Hauptwerk ist eines der bemerkenswerten Exponate, mit der das Kölner Stadtmuseum derzeit an das ehemalige Stadtoberhaupt erinnert. Der Rückblick titelt „Konrad der Große. Die Adenauerzeit in Köln 1917–1933“. Konrad Adenauer (1876-1967) gilt als eine der stärksten politischen Persönlichkeiten der ersten deutschen Republik. Er prägte die Geschicke der damals schon größten preußischen Stadt am Rhein nachhaltig.

 

Eduard Horst Oberbürgermeister Konrad Adenauer, Ölgemälde, 1928 Kölnisches Stadtmuseum, Dauerleihgabe der Stiftung Bundeskanzler-Adenauer-Haus/ Foto: Judith Fröhlich (mehr)

 

Als Adenauer 1917 an die Stadtspitze gewählt wurde, war er gerade 41 Jahre alt. In Berlin herrschte der Kaiser. Der Erste Weltkrieg währte noch über ein Jahr und nach der deutschen Niederlage zogen britische Besatzungstruppen in Köln ein.

     Wie in vielen ähnlichen Fällen ergriff auch in der Domstadt ein Arbeiter- und Soldatenrat die Macht. Rheinisch-pragmatisch wählte man den amtierenden Oberbürgermeister an dessen Spitze. Zusammen mit dem SPD-Vorsitzenden Wilhelm Sollmann gelang es Adenauer, den Umsturz in friedliche Bahnen zu lenken.

     Der stets schlagfertige, gewiefte, mit Härte und Cleverness agierende rheinische Politiker richtete die Stadt auf die Zukunft aus: ökonomisch stark, infrastrukturell modern und kulturell breit gefächert. In einer Art Kulturoffensive wurde in seiner Amtszeit die traditionsreiche Universität zu Köln, die 1388 gegründet und im ausgehenden 18. Jahrhundert geschlossen worden war, wieder eröffnet.

 

Franz Wilhelm Seiwert Ansicht von Köln und der Ville, Ölgemälde, 1929, Kölnisches Stadtmuseum/ Foto: Rheinisches Bildarchiv

 

Legendär bleiben Adenauers Aussprüche und Ansprüche zur Entwicklung seiner Geburtsstadt. Das benachbarte Bonn, so der Verwaltungschef und Zentrumsmann, habe die Wissenschaft - gemeint war die Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität - und Düsseldorf die Kunst, hier zielte er auf die berühmte Kunstakademie. Für sein geliebtes „Kölle“ wolle er schlichtweg Beides - gesagt, getan!

     Nach der Uni-Wiederöffnung 1919 führte er 1926 die alte Kunstgewerbeschule in die „Kölner Werkschulen“ über (mehr). Diese neue Einrichtung war eine hochmoderne Kombination von Kunst und Handwerk, eine Ideenschmiede für die regionale Wirtschaft, dem Werkbundgedanken verpflichtet (mehr) und am Gropius´schen Bauhaus-System von Weimar orientiert (mehr).

 

Freilichtübung auf den Wiesen südlich und nördlich des Müngersdorfer Stadions während des 14. Deutschen Turnfest im Juni 1928. Kölnisches Stadtmuseum/ Foto: Judith Fröhlich

 

 

Leo von König Cilly Aussem, das „Kölner Tenniswunder“ kurz nach ihrem Erfolg in Wimbledon, Ölgemälde, 1932, Leihgabe KTHC Stadion Rot-Weiß e.V./ Foto: Rheinisches Bildarchiv

 

Das Hochhaus am Hansaring, 1925, Fotografie von August Sander 1925-1930. Kölnisches Stadtmuseum/Foto: Rheinisches Bildarchiv

 

Es waren Jahre mit dynamischen urbanen Veränderungen. Mit einer Reihe prestigeträchtiger Projekte begann Adenauer, die rheinische Großstadt umzubauen.

     Die alten preußischen Forts am Stadtrand waren entmilitarisiert und nutzlos geworden. Adenauer ließ auf den Arealen den Inneren und Äußeren Grüngürtel als grüne städtische Lunge anlegen. Eine Maßnahme, die noch heute erfreut.

     In Müngersdorf wurde ein Sportpark mit einem Stadion für 80.000 Besucher errichtet – und Köln entwickelte sich zur Sportstadt ersten Ranges. Selbst die Olympiade hatte das Kölner Rathaus mit dem Vollblutpolitiker an der Spitze völlig unbescheiden im Visier. In diesem Zusammenhang erinnert die Ausstellung an die Kölner Tennisspielerin Cäcilia Edith „Cilly“ Aussem (1909-1963), die 1931 als erste Deutsche das Tennisturnier von Wimbledon gewann und achtfache deutsche Meisterin war.

     Mit dem Hansa-Hochhaus besaß die Stadt 1925 das höchste Haus Europas und mit der Eröffnung des Kölner Messegeländes auf der rechten Rheinseite einen der führenden deutschen Expositionsplätze.

     Überragende Bedeutung hatte der Ausbau der Verkehrsinfrastruktur. Der Flughafen Butzweilerhof entwickelte sich nach Abzug der Briten zum wichtigsten westdeutschen Zivilflughafen. Zwischen Mülheim und Riehl wurde die Mülheimer Brücke gebaut. Die erfolgreiche Umsetzung dieser Großprojekte war in vielem dem persönlichen Engagement Adenauers zu verdanken. Er weihte schließlich 1930 auch die deutsche Niederlassung der Ford-Werke in Köln ein und die Autokraftstraße nach Bonn, im engeren Sinne die erste deutsche Autobahn.

     Viele der damals auf den Weg gebrachten Projekte geben der Stadt noch heute ihr Gesicht. Sein erfolgreiches Wirken brachte den Katholiken Adenauer mehrfach als Kandidaten für das Amt des Reichskanzlers ins Gespräch, im fernen und von ihm nicht sehr geliebten Berlin.

     Eindeutig war seine Haltung gegenüber den Nationalsozialisten – nämlich ablehnend. Sie entließen den konservativen Politiker und Nazi-Gegner im März 1933. Es folgten mehrere Verhaftungen und im August 1944 schließlich eine Inhaftierung in der Strafanstalt Brauweiler.

 

Konrad Adenauer und Reichspräsident Paul von Hindenburg bei einer Stadtrundfahrt durch Köln, 21. März 1926, hier vor den Deutzer Messehallen. Kölnisches Stadtmuseum/ Foto: Kölnisches Stadtmuseum

 

Marta Hegemann Weibliche Figurenkomposition, Aquarell über Bleistift, um 1930, Kölnisches Stadtmuseum/ Foto: Rheinisches Bildarchiv, Wolfgang F. Meier

 

Die Ausstellung bietet ein Kaleidoskop dieser bewegten Jahre. Im Fokus steht nicht nur die Person Konrad Adenauers, sondern zugleich Alltag, Kultur, Wirtschaft, Sport und Mode im Köln der Weimarer Republik.

     Eindrucksvolle Beispiele der damaligen progressiven und modernen Kunst nehmen die Betrachter mit auf eine Zeitreise in eine lebendige kreative Szene. Köln war eines der Zentren der zeitgenössischen Kunstbewegungen. Max Ernst und Hans Arp machten die Stadt zu einem Kristallisationspunkt der Dadaisten (mehr). Politisch engagierte Künstler und Künstlerinnen wie Franz W. Seiwert, Heinrich Hoerle, Anton Räderscheidt und Marta Hegemann gründeten immer wieder neue Künstlergruppen, unter anderen die „Gruppe der progressiven Künstler“. Sie wollten nicht nur die Kunst revolutionieren, sondern auch die Gesellschaft.
K2M

 

Der geschichtliche Rückblick setzt mit Adenauers Wahl zum Oberbürgermeister am 18. September 1917 ein und endet mit dem 13. März 1933, als er von den Nationalsozialisten aus seinem Amt entlassen wurde. Gleichzeitig erinnert die Präsentation an den Tod des großen Politikers am 19. April 1967 vor 50 Jahren.


Die Sonderausstellung „Konrad der Große – Die Adenauerzeit in Köln 1917 – 1933“ wird bis zum 19. November 2017 gezeigt.
Kölnisches Stadtmuseum
Zeughausstraße 1–3
50667 Köln
Tel. 0221 / 221-22398
Öffnungszeiten
MI - SO 10 - 17 Uhr
DI 10 - 20 Uhr

 

 

 

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