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rheinische ART 12/2017

Archiv 2017

ÉDOUARD MANET
Der künstlerische Sonderfall


Zeit seines Lebens ging es ihm, im Vergleich zu anderen Malern, eigentlich nicht schlecht. Obwohl er übel angefeindet, für seine Kunst verspottet und gedemütigt wurde, polarisierte er über Jahrzehnte und kämpfte um seine Anerkennung.

 

Édouard Manet Das Dampfschiff, Seelandschaft mit Tümmlern ,1868, Öl auf Leinwand, 81,4 x 100,3 cm © Philadelphia Museum of Art Fotoquelle: Von der Heydt-Museum Wuppertal

 

Édouard Manet galt als Skandalmaler und pflegte - vielleicht gerade deshalb - ein durchaus komfortables, gesellschaftsreiches Leben im mondänen Paris des 19. Jahrhunderts. Das brachte ihm im Nachhinein den Ruf eines „Dandy der Avantgarde“ ein. Überhaupt war der Nachruf auf ihn besser als alles was vorher auf ihn abgeladen worden war.

 

Édouard Manet Porträt Carolus Duran, 1876, Öl auf Leinwand 189 x 170 cm © The Barber Institute of Fine Arts, University of Birmingham / Bridgeman Images. Fotoquelle: Von der Heydt-Museum Wuppertal

 

Édouard Manet Frau mit Krug (Suzanne Leenhoff, später Manet) 1858-60 Öl auf Leinwand 61 x 54,5 cm © Ordrupgaard, Copenhagen Foto: Anders Sune Berg

 

Nachdem Manet mit gerade einmal 51 Jahren in Paris, vermutlich an den Spätfolgen einer Syphiliserkrankung, verstorben und zu Grabe getragen worden war - einer der Sargträger war der Schriftsteller Émile Zola -, überschlugen sich Kunstszene und -kritiker mit Lob.

     Ein Jahr nach seinem Tod richtete das Kunst-Paris dem missverstandenen Maler eine große Gedächtnisschau aus, für die der Literat Zola das Vorwort schrieb. Drei Jahre später war es erneut Émile Zola, der Manet literarisch verarbeitete und ihm dabei eine verspätete Grabrede widmete.

 

Das Wuppertaler Von der Heydt-Museum hat nun, wie das Haus betont, das „Wagnis“ unternommen, das Werk dieses Außenseiters in einer umfassenden Ausstellung „neuen Publikumsschichten zu eröffnen“. Die Schau präsentiert das Œuvre des Franzosen: Von den ersten Malversuchen als Schüler von Thomas Couture bis zu den strahlenden Gartenbildern aus Rueil von 1882. 
     Manets Verhältnis zu Politik, Weltanschauung und Gesellschaft im Frankreich des 19. Jahrhunderts hat das Museum ins Zentrum der Ausstellung gerückt. Der Überblick umfasst auch Bilder seiner spanischen Phase sowie bekannte Seestücke, darunter Das Dampfschiff von 1868. Allerdings gelang es dem Museum nicht, die wirklich skandalträchtigen Stücke wie etwa Olympia von 1863 auszuleihen. Dennoch bleibt die Schau interessant.

     Die späten Porträts und Figurenszenen begeistern vor allem durch die psychologische Spannung zwischen den Protagonisten; sie scheinen bereits Fragen der modernen Psychoanalyse in Bildform vorwegzunehmen. 

 

Édouard Manet Die Reiterin, um 1882,  Öl auf Leinwand 73 x 52 cm © Museo Thyssen-Bornemisza, Madrid. Fotoquelle: Von der Heydt-Museum Wuppertal

 

Der Künstler Édouard Manet (1832-1883) war ein Einzelgänger und Individualist, im engeren Sinne kein Impressionist, jedoch derjenige, der dieser Stilrichtung den Weg bereitete. Er hatte zahlreiche Freunde unter den Impressionisten, fühlte sich ihnen durchaus verbunden, blieb aber künstlerisch auf Distanz und beteiligte sich an keiner ihrer Ausstellungen.

     Seine eigenen Ansätze in dieser revolutionären Stilrichtung blieben auf halbem Wege stecken. In seiner Spätphase schuf er wieder Stillleben und Portraits, so etwa Die Reiterin 1882, die eher traditionell anmuten, aber dennoch als andersartig, eben dem Impressionismus nahe, eingestuft wurden. Manet, der künstlerische Sonderfall, war ein Impulsgeber und Inspirator, dessen oft rätselhafte Werke bis heute faszinieren.

 

Portrait Édouard Manet um 1867-1870. Fotograf Nadar (Gaspard-Félix Tournachon), Paris

 

Warum wurde der Mann dann zu Lebzeiten so kritisiert und verrissen? Mit etwa 28 Jahren begann Manet als einer der ersten, sich von der herrschenden Salonmalerei abzuwenden und damit von den Stilprinzipien und Geschmacksrichtungen seiner Zeit. Das provozierte und die Folgejahre waren für seine künstlerische Arbeit wie eine Achterbahnfahrt.

     1859 wurde das Werk Der Absinth-Trinker zur Ausstellung auf dem Pariser Salon abgewiesen. Das Gemälde Gitarrenspiel ein Jahr später bestand hingegen in den Augen der Pariser Kunstkritik und wurde mit einer Auszeichnung bedacht.

     1863 war quasi das Jahr seines negativen Durchbruchs. Manet schuf mit Das Frühstück im Grünen ein im damaligen Sinne künstlerisches Ärgernis, der maßgebliche Pariser Salon (mehr) lehnte die Präsentation des „unanständigen“ Bildes ab.

     Schließlich im „Salon des Refusés“, einer Parallelschau für abgewiesene Arbeiten erstmal öffentlich gezeigt, löste das erotische Gruppenbild mit zwei Herren, einer Nackten und einer Badenden beim Picknick, Aufruhr und Ablehnung aus. Ähnlich verhielt es sich mit seiner Olympia, das Skandalbild des 19. Jahrhunderts schlechthin. Auch diese liegende Nackte war nicht das, was die bis dato existierende Aktmalerei goutierte.

 

Édouard Manet Chez le père Lathuille,1879, Leinwand 92 x 112 cm © Musee des Beaux-Arts, Tournai/ Bridgeman Images. Fotoquelle: Von der Heydt-Museum Wuppertal

 

Hohn und Spott ergossen sich über den Künstler. Doch der verheerenden öffentlichen Kritik und der ablehnenden Haltung des Publikums widerstand der Avantgardist offenbar unbeeindruckt und mit bewundernswertem Selbstbewusstsein. Bei den jungen Malern war Édouard Manet hingegen hoch angesehen, ein unerschütterlicher Tabubrecher, ein Trendsetter mit Märtyrerstatus.

     Ab etwa 1865 wandte sich Manet neuen Sujets zu und malte Szenen aus dem zeitgenössischen Paris, dazu gehörten Straßen- und Cafészenen oder Pferderennen in Longchamp. Mit den Impressionisten (mehr) wie dem namensähnlichen Claude Monet, mit Camille Pissarro, Alfred Sisley, Paul Cézanne, Auguste Renoir und Berthe Morisot hatte er regelmäßig Kontakt und viele von ihnen sahen in ihm ein Vorbild. Freundschaftlich verbunden war er den Schriftstellern Charles Baudelaire, Stéphane Mallarmé und Émile Zola, die ihn gegen die zeitgenössische Kritik verteidigten.
K2M


Die Ausstellung "Edouard Manet" wird bis zum 25. Februar 2018 gezeigt.
Von der Heydt-Museum
Turmhof 8
42103 Wuppertal
Tel 49(0)202 563 2500
Öffnungszeiten
DI, MI 11-18 Uhr
DO, FR 11-20 Uhr
SA, SO 10-18 Uhr


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