rheinische ART
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rheinische ART 10/2017

Archiv 2017

ZISTERZIENSER

Konzern der weißen Mönche

Der christliche Orden der Zisterzienser wirkt nach dem Grundsatz des heiligen Benedikt: Ora et labora - Bete und arbeite.  Für eine strenge Frömmigkeit wie für den ausgeprägten Geschäftssinn sind diese Kirchenleute gleichermaßen bekannt. Im Rheinland sind sie seit Hunderten von Jahren ansässig. 

 

Hochaltar aus Kloster Kamp, um 1450, St. Peter, Rheinberg. Foto: Stephan Kube, Greven; Bischöfliches Generalvikariat Münster, Kunstpflege

 

Zwei Ausstellungen im Bonner Raum zeigen die Erfolgsgeschichte dieses außerordentlichen Ordens, dessen Wurzeln in Ostfrankreich liegen. 650 Klostergründungen innerhalb von 150 Jahren verzeichneten die Register. Zu den frühesten Gründungen gehören außerhalb Frankreich die Klöster im Rheinland, in der Eifel und im Westerwald: Kurz hintereinander errichteten die Mönche hier die Abteien Kamp (1123), Altenberg (1133), Himmerod (1134- aufgelöst 2017), Heisterbach (1192) und Marienstatt (1212).

 

Meister des Marienlebens Maria mit dem Kind und der heilige Bernhard, 1460, Malerei auf Eichenholz, 31.3 x 24.5 cm, Wallraf-Richartz-Museum & Fondation Corboud (WRM 0128). Foto: © Rheinisches Bildarchiv, Sabrina Walz, rba_d040702

 

Fenster aus Marienhausen, 14. Jh., Diözesanmuseum Limburg. Foto: Michael Benecke, Nentershausen (Westerwald); Diözesanmuseum Limburg.

 

Die Hauptausstellung zeigt der Landschaftsverband Rheinland (LVR) in seinem Bonner LandesMuseum. „Die Zisterzienser. Das Europa der Klöster“ heißt diese umfangreiche Sonderschau.

     Es ist eine Rarität im Ausstellungswesen, denn die versammelten Meisterwerke mittelalterlicher Kunst aus den Klöstern der Zisterzienser werden in dieser Dichte und Zusammensetzung so schnell nicht noch einmal zu sehen sein. Die Schau konzentriert sich auf die Blütezeit des Ordens im Mittelalter und wird mit rund 150 Exponaten bespielt.

     Die zweite Ausstellung ist im Siebengebirgsmuseum in Königswinter zu sehen und widmet sich dem rheinischen Abteistandort Heisterbach unter dem Motto: „Zisterzienser in Heisterbach Was war? Was ist? Was bleibt?“

 

Europäisch Die umfassende Bonner Präsentation macht, wie schon der Titel verrät, deutlich, dass sich mit der Gründung der Zisterzienser, die aus dem Benediktinerorden hervor gingen, erstmals eine europaweite, zentralisiert organisierte und hochvernetzte christliche Organisation etablierte, die sich zu einem der mächtigsten Verbände der Christenheit und zu einem dynamischen Element der europäischen Zivilisation entwickelte.

     Die Zisterzienser verstanden sich von Anfang an als Reform-Orden. Die Mönche wollten zwar Benediktiner sein, allerdings unter den strengeren Grundsätzen des benediktinischen Mönchtums. Der Leitspruch „ora et labora" sollte mit neuem Leben gefüllt werden.

     Das bedeutete, dass das Schweigen und die Einsamkeit sowie die Einhaltung der Benediktusregel ihr Leben bestimmen sollten. Ihre Existenz wollten die Mönche und Nonnen durch ihrer Hände Arbeit sicher stellen, statt durch den zu der Zeit oft eingeforderten sogenannten Zehnten, eine Steuer in Form von Geld oder Naturalien.

 

Es entstand mit den Zisterziensern ein neuer Orden, dessen Mitglieder sich für ein zurückgezogenes Leben meist fernab der Städte entschieden. Sie legten ein für alle Klöster verbindliches Regelwerk fest, die „Carta caritatis“, die „Urkunde der Liebe“, dass sie aber bei Bedarf durchaus kreativ auslegen durften. Und sie forderten eine Reduktion auf das Wesentliche in Lebensführung, Kunst und Architektur.

     So schuf der Orden, der bis heute wegen seiner tiefen Religiosität viel Verehrung erfährt, Werte und Innovationen, die auch in der Gegenwart immer noch faszinieren.

 

Karl Schlickum Heisterbach im Schnee, Öl auf Leinwand, um 1845; Sammlung RheinRomantik, Bonn, Fotoquelle Siebengebirgsmuseum Königswinter 2017

 

Das Ursprungskloster des Ordens ist das 1098 von Robert von Molesme und einer Gefolgschaft von Mönchen der Benediktinerabtei Molesme gegründete Kloster Citeaux (Cistercium ) im Burgundischen südlich von Dijon.

     Wie im klösterlichen Leben so unterscheiden sich die Zisterzienser und Benediktiner auch äußerlich deutlich. Die Zisterzienser-Tracht besteht aus ungefärbter Schafswolle, die in ihrem natürlichen Colorit zunächst gräulich-braun ist, durch die Reinigungen im Laufe der Zeit weißer wird.

     Damit stehen diese Mönchsgewänder, die in der Philosophie des Ordens die Einfachheit symbolisierten, in krassem Gegensatz zu der Ordenstracht der Benediktiner, die aufwändig gefärbte schwarze Kutten tragen. Das war der Grund, dass bereits seit der Gründung des Ordens von „Weißen Mönchen“ und „Schwarzen Mönchen“ gesprochen wird.

 

 

Engel in Diakontracht aus Marienstatt, 14. Jh., gefasstes Holz, 80 x 34 x 34 cm, Zisterzienserabtei Marienstatt, Diözesanmuseum Limburg. Foto: Michael Benecke, Nentershausen (Westerwald); Diözesanmuseum Limburg

 

Anniversartuch für Holmger Knutsson, 1. Hälfte 15. Jh., The Swedish History Museum. Foto: Gabriel Hildebrand / The Swedish History Museum

 

Blütezeit Vom späten 11. bis zur Mitte des 13. Jahrhunderts hatte sich der Zisterzienser-Orden wie ein „Konzern der Weißen Mönche“ in Form eines Netzwerkes über ganz Europa ausgedehnt.

     Die LVR-Ausstellung zeigt nicht nur die Lebenswelt der Mönche und Nonnen, sondern auch das nicht immer einfache Verhältnis zu den weltlichen Herrschern ihrer Zeit. Auch auf ihre Rolle als innovativer und sehr erfolgreicher Wirtschaftskonzern geht die Ausstellung ein.

     Drei historische Akteure zeigen, wie vernetzt der Orden in Europa tatsächlich war: Stephan Harding (um 1054-1139) sowie Bernhard von Clairvaux (um 1090-1153), beide schon früh als Heilige verehrt, waren als Äbte und Theologen maßgeblich für die Ausbreitung und Identität des Ordens verantwortlich. Bernardus Paganelli war als Eugen III (+1153) der erste Zisterzienser auf dem Papststuhl.

 

Die europäische Dimension spiegelt sich in den Exponaten der LVR-Ausstellung. Zu den Höhepunkten zählt der beeindruckende Hochaltar des ehemaligen Zisterzienserklosters Kamp am Niederrhein. Ganz selten nur sind Bildtafeln dieser Zeit in solcher Frische erhalten. Sie werden gemeinsam mit den zugehörigen Skulpturen erstmals wieder in ihrer ursprünglichen Anordnung ausgestellt.

     Aus Paris ausgeliehen ist die einzigartige Madonna aus Kloster Eberbach, heute als „Belle Allemande“ eines der mittelalterlichen Hauptwerke des Louvre. Vier als Reliquien verehrte Schädel, reich und kostbar verziert, stammen aus dem Altar des Zisterzienserinnenklosters Marienfeld in Ostwestfalen.

     Das Grabtuch des Holmger Knutsson, eine lebensgroße figürliche Bildstickerei, gefertigt von den Nonnen des Skoklosters in Schweden aus dem Nationalmuseum Stockholm ist erstmals außerhalb Schwedens zu bewundern.
rART/K2M


Das Siebengebirgsmuseum bietet einen breiten Überblick zur Geschichte der Zisterzienserabtei Heisterbach und – nach deren Auflösung 1803 – dem weiteren Werdegang des Klostergeländes. Archäologische Funde und Kunstobjekte, nach rund 200 Jahren in der Königswinterer Ausstellung wieder zusammengeführt, bieten zudem Einblicke in das Alltagsleben der Mönche und Klosterbediensteten in Heisterbach.


Die Sonderausstellung „Zisterzienser. Das Europa der Klöster“ kann bis zum 28. Januar 2018 besucht werden.

LVR-LandesMuseum Bonn
Colmantstr. 14-16,
53115 Bonn
Tel. +49 (0) 228 / 2070 - 0
Öffnungszeiten
DI -FR, So. 11 -18 Uhr
SA 13 -18 Uhr


Die Ausstellung „Zisterzienser in Heisterbach. Was war? Was ist? Was bleibt?"  endet am 5. November 2017

Siebengebirgsmuseum der Stadt Königswinter
Kellerstr. 16,
53639 Königswinter,
Tel.: 02223-3703
Öffnungszeiten:
DI-FR 14-17 Uhr

SA 14-18 Uhr

SO 11-18 Uhr

 

 

 

 

 

 

 

 

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