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rheinische ART 04/2017

Archiv 2017

HANS OP DE BEECK

Im Märchenschloss


Realität oder Fiktion? Öffentliches Museum oder Privatgemächer eines Schlossherren? Der zweifelnde Besucher gerät auf jeden Fall in eine Welt, in der sich alles überlagert und die Zeit stillzustehen scheint. Graue Gipsfiguren auf grauem Teppichboden erzeugen eine Stimmung wie schockgefroren.

 

Hans Op de Beeck Dress, 2014 Aquarell schwarz-weiß auf Arches Papier / Black-and-white watercolour on Arches paper, 104,3 x 236,2 cm Sammlung Wemhöner / Collection Wemhöner, Berlin; © Hans Op de Beeck

 

Es ist eine ungewöhnliche Ausstellung, die das Schloss Morsbroich unter dem Titel „The Silent Castle“ präsentiert. Und ihr Schöpfer ist ebenso ungewöhnlich.

 

Hans Op de Beeck Silent Piano, 2015 Skulpturale Installation / Sculptural installation: Synthetikgips, Holz, Metall / Synthetic plaster, wood, metal, 155 x 146 x 200 cmCourtesy Studio Hans Op de Beeck, Brüssel / Brussels; © Hans Op de Beeck 

 

Er heißt Hans Op de Beeck (*1969), ist Belgier und kann als eine Art Tausendsassa in der Kunstszene gesehen werden. Denn Op de Beeck ist nicht nur bildender Künstler, sondern auch Dramatiker, Komponist, Theater- und Opernregisseur.

     Der aus Turnhout stammende und in Brüssel lebende Kreative arbeitet in fast allen künstlerischen Medien. Ob in seinen Skulpturen und Raum greifenden Installationen, in seinen Gemälden, den großformatigen Aquarellen und Zeichnungen oder in Animationen und Videos: Souverän bedient er sich der Inszenierungsstrategien von Theater, Film und Architektur und schafft atmosphärisch dichte, traumartige Szenarien, die stets vertraut und doch fremd zugleich wirken.

 

Hans Op de Beeck Staging Silence (2), 2013 (Still) Full HD Video, Schwarz-weiß, Ton / Black and white, sound, Laufzeit / Running time 20'48" Sammlung Goetz, München; © Hans Op de Beeck

 

Im Leverkusener Museum Morsbroich hat Hans Op de Beeck eine Auswahl seiner Werke aus rund einem Dutzend Jahren in einem Dialog mit den Räumen des Hauses inszeniert – und der Besucher kann sie wie eine offene Bühne betreten. Teils mit den Füssen, wie das Museum betont, stets aber mit seinen Gedanken.

 

Hans Op de Beeck Lucas, 2016 Skulptur / Sculpture: Polyester, Synthetikgips / Polyester, synthetic plaster, 144 x 42 x 32 cm Peter und / and Dorothee Leibinger; © Hans Op de Beeck

 

Die Installationen entführen in eine Welt, in der sich Wirklichkeit und Traum zu verwischen scheinen, eine Welt ohne Zeit mit „suggestiven Szenarien, die an Film Stills erinnern.“

     In Gips geformte Figuren erwecken den Eindruck, sie seien soeben vom Sockel gestiegen und eingefroren. Sie harren in den Schlossräumen, die irgendwie an Alice im Wunderland erinnern, nur eben nicht bunt, - wo eigens verlegte (graue) Teppichböden die Besucherschritte abfedern, wo eine auf Grau, Schwarz und Weiß reduzierte Farbigkeit eine Atmosphäre der Konzentration erzeugt. Einzige Ausnahme: eine überdimensionierte Geburtstagstorte.


Die Morsbroicher Schau korrespondiert interessanterweise mit der ersten großen umfassenden Retrospektive auf den belgischen Multimediakünstler, die ab dem 9. April als „hochatmosphärisches Gesamtkunstwerk“ auf mehr als 2200 Quadratmetern im Kunstmuseum Wolfsburg zu sehen ist, wo Hans Op de Beeck als „eine veritable Ausnahmeerscheinung“ in der Kunstwelt gefeiert wird.

     Alles sei mehrdeutig, heißt es bei den Wolfsburger Kuratoren, so wie der scheinbar einfache Ausstellungstitel „Out of the Ordinary“ (außergewöhnlich) einen doppelten Sinn hat: Zum einen entstehen die seltsam verfremdeten, oft modellhaften Orte und Situationen des Belgiers – wie etwa ein nächtlicher Vergnügungspark oder die Containerbaracken einer Schiffswerft – aus dem unmittelbaren Lebensalltag heraus. Zum anderen werden sie im präzisen Einsatz von Licht, suggestiven Ausstattungsdetails und magischen Musikeinspielungen im Wortsinn „außerordentlich“.

 

Hans Op de Beeck The Lounge, 2014 Skulpturale Installation / Sculptural installation: Holz, Glas, Synthetikgips, Pigment, Epoxidharz / Wood, glass, synthetic plaster, pigment, epoxy resin, 281,6 x 381,9 x 181,9 cm Courtesy Studio Hans Op de Beeck, Brüssel / Brussels; © Hans Op de Beeck

 

Wer die Schau in Leverkusen aufsucht, wird schnell erfahren, was der Künstler will und was sein Konzept ist. „Die Stille zieht sich wie ein roter Faden durch mein ganzes Œuvre,“ so Op de Beeck. Auch in Morsbroich ist für den Besucher Stille inszeniert, „eine Stille, die zur Introspektion einlädt und tröstliche Ruhe bringt.“

Klaus M. Martinetz


Die Ausstellung in Morsbroich ist in enger Zusammenarbeit mit dem Künstler konzipiert worden, der ein spezifisches Präsentationskonzept für die Räume von Schloss Morsbroich entwickelt hat, sowie in Kooperation mit der renommierten Sammlung Goetz, München, die neben dem Studio Hans Op de Beeck Hauptleihgeber ist.


Die Ausstellung The Silent Castle ist bis zum 30. April 2017 zu sehen.

Museum Morsbroich
Gustav-Heinemann-Straße 80
51377 Leverkusen
Tel. 0214 / 85556-0
Öffnungszeiten
DI - SO 11 - 17 Uhr
DO 11 - 21 Uhr

 

Die Ausstellung Hans Op de Beeck „Out of the Ordinary“ in Wolfsburg kann vom 9. April bis zum 3. September 2017 besucht werden.

Kunstmuseum Wolfsburg
Hollerplatz 1
38440 Wolfsburg
Tel. 05361 / 2669-69
Öffnungszeiten
DI - SO 11 - 18 Uhr

 

 

 

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