Archiv 2023
GESCHICHTE
Der Jahrhundertvertrag
Am 22. Januar 1963 schrieben der deutsche Bundeskanzler Konrad Adenauer und der französische Staatspräsident Charles de Gaulle Geschichte. Sie unterzeichneten im Pariser Élysée-Palast den deutsch-französischen Freundschaftsvertrag.
Unterzeichnung des Élysée-Vertrags in Paris durch Konrad Adenauer und Charles de Gaulle. Foto © Bundesarchiv, B 145 Bild-P106816 / CC-BY-SA |
Jetzt jährt sich zum sechzigsten Mal dieser epochale Vorgang. Aktuell macht der Angriffskrieg auf die Ukraine deutlich, wie wegweisend die Idee de Gaulles und Adenauers war, die Logik von Gewalt und Hass in den internationalen Beziehungen durch Begegnung, Versöhnung und Zusammenarbeit zu ersetzen.
Für die beiden Politiker, die mit der Bürde der „Erbfeindschaft“ rangen, war eine starke Bildungszusammenarbeit zwischen ihren Ländern besonders wichtig.
Logo Foto Bundesstadt Bonn © Centre Ernst Robert Curtius
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Das Jubiläum ist Anlass, Entstehung und Ausgestaltung des Vertrages sowie die Bedeutung für die Gegenwart und Zukunft zu beleuchten. Es werden mehrere Veranstaltungen durchgeführt (siehe unten).
Es sei daran erinnert, dass de Gaulle vor der Vertragsunterzeichnung eine historische Deutschlandreise unternahm. Sie begann im Rheinland und gilt als Meilenstein auf dem Weg zur deutsch-französischen Aussöhnung und zur späteren Europaeinigung.
Charles de Gaulle (1890-1970) und seiner Frau Yvonne (1900-1979) trafen am 4. September 1962 am Flughafen Köln-Wahn ein. Sie wurden von Bundespräsident Heinrich Lübke (1894-1972) und dessen Frau, von Bundeskanzler Konrad Adenauer (1876-1967) und der gesamten Bundesregierung sowie von Vertretern der Hauptstadt Bonn offiziell empfangen.
Empfang auf dem Marktplatz vor dem Rathaus in Bonn. Foto © Bildquelle Bundesstadt Bonn |
Bei der Weiterfahrt zum Schloss Ernich, dem Sitz des französischen Botschafters in der Bundesrepublik (mehr), das Quartier der Gäste für die folgenden drei Nächte, säumten etwa 200.000 Menschen die Straßen, um de Gaulle und Adenauer jubelnd zu begrüßen.
Dann folgte am Nachmittag die legendäre Rede des französischen Präsidenten an die Deutschen auf dem Marktplatz von Bonn. Vor fast 30.000 Menschen sprach de Gaulle – zur Überraschung aller – frei und auf Deutsch, was als Zeichen einer besonderen Verbundenheit zu Deutschland gewertet wurde.
Dass er überhaupt Deutschkenntnisse besaß, war ein Ergebnis seiner 33 Monate währenden Kriegsgefangenschaft im Ersten Weltkrieg, die er ab 1916 in Ingolstadt und in der Festung Rosenberg bei Kronach verbrachte.
Charles de Gaulle und Konrad Adenauer in Bonn am 4. Juli 1963. Foto © Bundearchiv B 145 Bild-F015892-0010.
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In der Ansprache, die viele als mitreißend empfanden, dankte de Gaulle dem „großen deutschen Volk“ für den herzlichen Empfang und versicherte, dass in den Herzen aller Französinnen und Franzosen, die in diesem Augenblick nach Bonn schauen würden, eine Welle der Freundschaft aufsteige.
Mit den bejubelten Schlussworten Es lebe Bonn! Es lebe Deutschland! Es lebe die deutsch-französische Freundschaft! verließ er das Podium und reiste mit Adenauer, den er in einer weiteren Ansprache als großen Deutschen und Europäer würdigte, weiter nach Köln, Düsseldorf und Duisburg.
Gewürdigt wird der Gedenktag auch in Frankreich. Rund um den Deutsch-Französischen Tag am 22. Januar organisieren alle Goethe-Institute in Frankreich Veranstaltungen, um die Vielfalt der deutsch-französischen Kultur- und Bildungsbeziehungen abzubilden.
Das Goethe-Institut Paris beginnt die Deutsch-Französische Woche mit der Vernissage der Ausstellung Visages. Ceux que nous sommes / Gesichter. Wer wir sind.
Das Goethe-Institut Paris erklärte: „Kultur und Bildung bilden weiterhin die elementaren Bereiche, um jeder neuen Generation die herausragende Bedeutung des Friedensprojekts zu vermitteln – und im Labor der Freiheit und Imagination künstlerischer Ästhetik neue Formen der kreativen Zusammenarbeit zu erproben und Zukunftsfelder zu erschließen. 60 Jahre Élysée-Vertrag sind auch Auftrag und Verpflichtung die Freundschaft zwischen Deutschland und Frankreich stets neu zu erfinden und zugängig zu machen.“
rART/cpw
Ausgewählte Veranstaltungen zum 60. Jubiläum der Élysée-Verträge und der deutsch-französischen Beziehungen:
► 17. Januar 2023, 18.30 bis 20.30 Uhr BONN*E FÊTE – 60 Jahre Elysée-Vertrag, Podiumsdiskussion mit Empfang, Haus der Geschichte, Bonn, Willy-Brandt-Allee 14. Eine Kooperation u.a. der Universität Bonn, des Institut Français und des Centre Ernst Robert Curtius.
► 18. Januar 2023, 14.00 Uhr Haus der Geschichte, Bonn, Willy-Brandt-Allee 14. Ausstellungsbegleitung / Schwerpunktbegleitung „60 Jahre Élysée-Vertrag“ durch die Dauerausstellung „Unsere Geschichte. Deutschland seit 1945“. Eintritt frei.
► 22. Januar 2023, 11.00 bis 17.00 Uhr. Familiensonntag im Haus der Geschichte, Bonn, Willy-Brandt-Allee 14. Eintritt frei.
► 24. Januar 2023, ab 18.30 Uhr Perspektiven für die deutsch-französische Beziehung (Perspectives pour le couple franco-allemand), Hauptgebäude Universität zu Köln.
18.30 Uhr Apéro, 19.00 Uhr Programm, anschließend Empfang. Eine Kooperation der deutsch-französischen Rechtswissenschaftsstudiengänge der Universität zu Köln (DFM), das Institut Français, der Vereine La Denkfabrik, DFM-Alumni, Juristen des deutschen und französischen Rechts sowie des Kölner Studierendenwerk.