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rheinische ART 10/2023

Archiv 2023

CHINA
Der Exportschlager


Leider machte das Museum für Ostasiatische Kunst in Köln in jüngster Zeit Schlagzeilen wegen eines Einbruchs und Raubs kostbaren chinesischen Porzellans. Es gibt fürwahr bessere Gelegenheiten, um auf sich aufmerksam zu machen. Zum Beispiel mit einem Blick auf chinesische Silberwaren. Silber für Tsingtau titelt die Ausstellung. 

 

Teekanne, Silber, China, Jiaozhou, Provinz Shandong, Werkstatt Cheng De, Qing-Dynastie, Guangxu-Periode, 1875–1908. Nachlass P. Roesberg / H. Hildebrand. © Rheinisches Bildarchiv Köln, Marion Mennicken. Bildquelle © Museum für Ostasiatische Kunst Köln 2023

 

Dass die chinesischen Handwerker in der Herstellung von Porzellan eine bewundernswerte Meisterschaft erreichten, ist bekannt. Im 19. Jahrhundert produzierten die chinesischen Manufakturen hochwertiges Porzellan für westliche Verbraucher. Doch auch andere Produkte weckten im westlichen Kulturraum Begehrlichkeiten und Wünsche und so entwickelten sich auch Silberwaren zu einem Exportschlager. Die Silberschmiede aus dem Reich der Mitte schufen aufwendig dekorierte Objekte für internationale Kunden. 

     Silber für Tsingtau titelt aktuell eine Ausstellung im Kölner Museum für Ostasiatische Kunst. Im derzeitigen postkolonialen Diskurs fällt der Name Tsingtau, heute die Stadt Qingdao, eher selten. Dabei war die Hafenstadt zwischen 1898 und 1919 die Hauptstadt der fernöstlichen deutschen Kolonie Kiautschou und ein Tummelplatz für Abenteurer, Forscher, Techniker und Handwerker.
     Das Deutsche Reich hatte im November 1897 einen Streifen Land an der Kiautschou-Bucht besetzt, um einen Flottenstützpunkt anzulegen. Vertraglich erhielt es von China für 99 Jahre das Areal Kiautschou zur Pacht.

     Zahlreiche Wirtschaftsvertreter wurden daraufhin von staatlicher Seite in die Region entsandt oder gingen auf gut Glück dorthin. Einer war der Bitburger Eisenbahningenieur Heinrich Hildebrand (1855 –1925). Hildebrand wurde 1891 als kaiserlicher Baurat nach China beordert und leitete später den Aufbau des Eisenbahnnetzes in der Provinz Shandong.

 

Wanshi Shanren Vogelschauplan von Tsingtau,Tusche, Farben auf Seide, China, Guangxu-Ära, datiert 1898. Sammlung Kreier, Düsseldorf. © privat. Bildquelle © Museum für Ostasiatische Kunst Köln 2023

 

Die in Köln ausgestellten, außergewöhnlichen chinesischen Silberschmiedearbeiten stammen aus dem Nachlass des Bitburger Eisenbahningenieurs. Der Eisenbahnfachmann verstand sich nicht allein auf Schwellen und Schienen. Er sammelte Preziosen aus dem „Silberzeitalter“ Chinas, insbesondere aus dem Ende der Qing-Dynastie, und brachte sie in seine Heimat. 

 

Lotusschale, Silber, teilvergoldet, China, Chang’an, Provinz Shaanxi, Tang-Dynastie, spätes 7. oder frühes 8. Jahrhundert. © Rheinisches Bildarchiv Köln. Bildquelle © Museum für Ostasiatische Kunst Köln 2023

 

Karaffe, Silber, China, Jiaozhou, Provinz Shandong, Werkstatt Cheng De, Qing-Dynastie, Guangxu-Periode, 1875–1908. © Rheinisches Bildarchiv Köln, Marion Mennicken. Bildquelle © Museum für Ostasiatische Kunst Köln 2023

 

Heinrich Hildebrand Der von ihm erbaute Bahnhof von Tsingtau, 1901. Bildquelle © Wikipedia, Bundesarchiv Bild 137-005517, Foto: o.Ang. 1867/1914

 

Als chinesisches Exportsilber gelten bis heute alle Gegenstände, die aus Silber für den ausländischen Geschmack produziert wurden und hauptsächlich nach Europa gingen.

     Die Kunstwerke aus dem Edelmetall unterscheiden sich von traditionellen chinesischen Silberarbeiten zum Beispiel durch ihre europäischen Gefäßformen, wie es in der Ausstellung heißt. Die Dekore hingegen – Pflanzen- und Vogelmotive, mythologische Figuren sowie Theater- und Literaturszenen – sind von der heimischen Gold- und Silberschmiedekunst inspiriert, die bis in die Tang-Dynastie (617 bis 907) zurückreicht.

 

Neben Tsingtau-Silber zeigt das Museum Exportsilber aus den Hafenstädten im Süden Chinas sowie klassische chinesische Silberkunst aus der eigenen Sammlung.

     Gemalte Panoramen von Tsingtau, die interessanterweise mit Reichsfahnen geschmückte Gebäude darstellen (siehe Abbildung oben), sowie Fotografien und Dokumente aus der Zeit um die Jahrhundertwende ergänzen die bemerkenwerte Schau.
rART/K2M


 Der Sammler Heinrich Hildebrand war 17 Jahre in China tätig. Davon sechs Jahre im Dienst von Zhang Zhi-dong, dem Generalgouverneur der Provinzen Hubei und Hunan. Zhang war bestrebt, die Modernisierung Chinas voranzutreiben und setzte sich besonders für den Bau von Eisenbahnen ein. Hildebrand plante und baute drei Bahnlinien und mehrere Bahnhöfe. Von 1898 bis 1908 war er gleichzeitig als Betriebsdirektor der Schantung-Eisenbahn-Gesellschaft tätig.


► Als Regierungsbaumeister (Königlicher Baurat) war Hildebrand im Deutschen Reich zuvor in der öffentlichen Bauverwaltung tätig und hatte sich einen Namen gemacht. Er leitete den Bau mehrerer Eisenbahnstrecken und Brücken in der Rheinprovinz und war 1888 für den großen Umbau des Kölner Hauptbahnhofs verantwortlich.


Die Ausstellung Silber für Tsingtau Chinesisches Exportsilber der Sammlung Hildebrand kann bis zum 29. Oktober 2023 besucht werden.

Museum für Ostasiatische Kunst Köln
Universitätsstraße 100
50674 Köln
Tel. 0221.221-28617
Öffnungszeiten
DI – SO 11 – 17 Uhr
1. Donnerstag im Monat 11 – 22 Uhr (ausgenommen Feiertage)

 

 

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