rheinische ART
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rheinische ART 02/2023

Archiv 2023

FOTOGRAFIE
Zeitgeschichte in Schwarz und Weiß


Der Fotografin Barbara Klemm verdanken wir eine der wohl beeindruckendsten Fotoikonen des jüngeren politischen Bildjournalismus: den Bruderkuss von Breschnew und Honecker 1979.

 

Barbara Klemm Leonid Breschnew und Erich Honecker beim 30. Jahrestag der DDR, Ost-Berlin, 1979 © Barbara Klemm. Bildquelle Ludwiggalerie Oberhausen 2023

 

Barbara Klemm (*1939) ist vielen als die Grande Dame der politischen und gesellschaftlichen Fotografie bekannt. Fast ein halbes Jahrhundert hat sie für die Frankfurter Allgemeine Zeitung (FAZ) das Weltgeschehen mit der Kamera eingefangen. Und dies ausschließlich analog und grundsätzlich in kleinformatigen Schwarz-Weiß-Aufnahmen im Format 30 x 40 cm.

     Derzeit ist eine Ausstellung mit 120 Exponaten von ihr in der Oberhausener Ludwiggalerie zu sehen. Unter dem Titel Barbara Klemm Schwarz-Weiß ist Farbe genug – Fotografien 1967 bis 2019 belegen Fotoarbeiten, Zeitungsartikel und Bücher die Dichte ihres Schaffens und die Ausdrucksstärke ihrer Lichtbilder.

 

Barbara Klemm VEB-Fortschritt, Rostock, DDR, 1974 © Barbara Klemm. Bildquelle Ludwiggalerie Oberhausen 2023

 

Die in Münster geborene Bildjournalistin ging als Zwanzigjährige 1959 nach Frankfurt und nahm zunächst eine Tätigkeit in der Klischeeherstellung und im Fotolabor der FAZ auf.

     Ihr Kollege, der Fotograf Wolfgang Haut, motivierte sie zu freiem Arbeiten und zur journalistischen Fotografie. Zunächst arbeitete Klemm als freie Mitarbeiterin, dann ab 1970 bis zu ihrer Pensionierung 2005 als feste Redaktionsfotografin bei der FAZ.

     Auf mögliche berufliche Vorbilder angesprochen nannte sie einmal ihren Ziehvater, den FAZ-Fotografen Wolfgang Haut, sowie den Berliner Starreporter Erich Salomon. Der Pressefotograf hatte in der Weimarer Republik Aufsehen erregende, politische Bildreportagen für die Berliner Illustrierte Zeitung gefertigt und galt als der erste Fotograf, der im Weißen Haus in Washington fotografieren durfte.


Was ihre Arbeitstechnik anbelangt, ist Klemm ihrem Stil stets treu geblieben. Sie hat nie ein Blitzlicht eingesetzt und sich damit dem – wie jedem Lichtbildner bekannt ist – Risiko ausgesetzt, dass das Licht nicht ausreichen könnte.

     Aber ihre Fotos hätten dadurch einen deutlich stärkeren atmosphärischen Ausdruck, als wenn man sie in künstlichem Licht festgehalten hätte, wird sie zitiert. Barbara Klemms Name steht heute für eine zeitlose Qualität und Authentizität.

 

Barbara Klemm Öffnung des Brandenburger Tors, Berlin, 22. Dezember 1989 © Barbara Klemm. Bildquelle Ludwiggalerie Oberhausen 2023

 

Anerkennung wurde der Fotografin immer wieder von höchster Ebene ausgesprochen. Ihre Fotos seien „auffallend unprätentiös, geprägt von einer eigenartigen Mischung aus Beiläufigkeit und komplexer Fokussierung“ und sie gewännen daher häufig eine „fast sinnbildhafte Prägnanz und zeitlose Allgemeingültigkeit“. So urteilten der Kunsthistoriker und Generaldirektor der Museen der Klassik Stiftung Weimar, Wolfgang Holler, und der Kulturwissenschaftler und ehemalige Direktor des Londoner Victoria & Albert Museum, Martin Roth (1955-2017).

 

Barbara Klemm Breschnew und Brandt, Bonn, 1973 © Barbara Klemm. Bildquelle Ludwiggalerie Oberhausen 2023

 

Ob als Dokumentaristin der Studentenrevolten in den 1960er Jahren, als Beobachterin des DDR-Lebens oder der politischen Annäherung zwischen Ost und West wie beim Treffen von Breschnew und Brandt 1973 – Barbara Klemm gelangen eindringliche und bis heute aktuelle Bilder.

     Besonders intensiv hielt sie die Ereignisse rund um den Mauerfall und die Wiedervereinigung fest. Aber auch Parteitage, Wahlsiege oder Wahlniederlagen haben sich durch ihre Fotografien bis heute im kollektiven Gedächtnis verankert, wie es in der Ludwiggalerie heißt.

 

Barbara Klemm Andy Warhol, Frankfurt, 1981 © Barbara Klemm. Bildquelle Ludwiggalerie Oberhausen 2023

 

Der Blick für Komposition und Struktur, für Details und Eigenheiten machen das Besondere ihrer Arbeiten aus. Eine gute Kenntnis der Kunstgeschichte ist bei vielen ihrer Aufnahmen unverkennbar.

     Möglicherweise ist das der Grund für ihr starkes Interesse an Porträts von künstlerisch und kreativ arbeitenden Menschen.

     In ihren zahlreichen Bildnissen, so eines Andy Warhol vor Tischbeins berühmten Gemälde Goethe in der römischen Campagna im Frankfurter Städel Museum, arbeitete sie stets eine typische Facette heraus.

 

Obwohl sie weltweit auf vier Kontinenten für das Feuilleton und die politischen Seiten ihrer Zeitung unterwegs war, blieben ihr die Ereignisse im eigenen Land wichtig, spektakuläre wie alltägliche. Mit großer Empathie näherte sie sich den unbekannten „kleinen Leuten“ ebenso wie Politikern oder großen Stars des kulturellen Lebens.

     Nie entblößend, mit einem sicheren Blick für besondere Situationen, sind heute zahlreiche ihrer Fotografien zu Ikonen für historische Momente geworden. Ein Besuch ihrer Ausstellung in der Ludwiggalerie ist auch ein Gang durch ein Stück deutsche Geschichte.
rART/cpw


Die Ausstellung Barbara Klemm Schwarz-Weiß ist Farbe genug – Fotografien 1967 bis 2019 ist bis zum 7. Mai 2023 zu sehen.
Ludwiggalerie
Schloss Oberhausen

Konrad-Adenauer-Allee 46
46049 Oberhausen
Tel. 0208 / 4124928


Öffnungszeiten
DI - SO 11 - 18 Uh
r

 

 

 

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