rheinische ART
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rheinische ART 05/2023

Archiv 2023

GELUNGENE SYMBIOSE
FIGUR!

 

Der Skulpturenpark Waldfrieden in Wuppertal beherbergt derzeit Meisterwerke aus der Skulpturensammlung des Von der Heydt-Museums. Das Museum, ebenfalls in Wuppertal beheimatet, ist bekannt für seine bedeutende Sammlung der Moderne. Mit dem Skulpturenpark hat das Museum einen nahezu idealen Ort und Partner für die Präsentation seiner Plastiken gefunden.

 

Ausstellungsansicht Skulpturenpark Waldfrieden (untere Halle) Auguste Rodin, Schreitender Mann, 1900 (2.v.r.) © Von der Heydt -Museum Wuppertal Foto: Süleyman Kayaalp


Der Skulpturenpark Waldfrieden, gegründet und geleitet von Bildhauer Tony Cragg, bietet ein besonderes Ambiente. Licht und Raum bieten nahezu perfekte Umstände, um Skulpturen in ihren Proportionen und Maßstäben, letztendlich ihrer künstlerischen Brillanz, vorzustellen.
     45 Plastiken wurden für Ausstellung „Figur!“ ausgewählt. Dabei konzentriert sich die von Tony Cragg und Museumsdirektor Roland Mönig kuratierte Schau auf Darstellungen der menschlichen Figur, die zwischen der Mitte des 19. Jahrhunderts und den 1980er Jahren geschaffen wurden. Diese Epoche der künstlerischen Emanzipation, so die Ausstellungsmacher, brachte Werke hervor, die sich formal zunehmend vom tradierten Ideal der naturalistischen Darstellung distanzierten.

 

Ausstellungsansicht Skulpturenpark
Waldfrieden - Lynn Chadwick, Zwei Wächter II,, 1959, Von der Heydt-Museum Wuppertal © The Estate of Lynn Chadwick, Foto: Süleyman Kayaalp

 

Für die Bildhauerei eröffneten sich nie gekannte Ausdrucksmöglichkeiten. Die Dynamik, mit welcher sich dieser Prozess entwickelte, wird in der Schau deutlich. Beispielhafte Werke aus verschiedenen Entstehungszeiten sind sich gegenübergestellt und im Vergleich zeigt sich, wie die Künstler zwischen Klassizismus und Spätmoderne in der Auseinandersetzung mit der Tradition um eine neue, zeitgemäße Formensprache gerungen haben.
       Diese bekannte Umwälzung, die sich auch in anderen Künsten vollzog und beispielsweise in der Malerei mit dem Impressionismus begann, brachte eine völlige Neuschreibung von Form und Ästhetik.

 

Dank des herausragenden Sammlungsbestandes kann diese neue „Formensprache“ mit Arbeiten der bedeutenden Bildhauer jener Zeit, wie Auguste Rodin, Edgar Degas, Hans Arp oder Alberto Giacometti, veranschaulicht werden. Nachdenkenswert ist, und was die Häuser selbst thematisieren, dass die Abbildungen weiblicher Körper dominieren. Immerhin: In Wuppertal sind mit Germaine Richier, Renée Sintenis und Käthe Kollwitz auch drei namhafte Frauen unter den künstlerischen Positionen vertreten.

 

Ausstellungsansicht Skulpturenpark Waldfrieden (obere Halle) Skulpturen: © Von der Heydt -Museum Wuppertal Foto: Süleyman Kayaalp

 

Besonders reizvoll: Viele der Spitzenwerke werden erstmalig außerhalb der heimischen Museumsmauern präsentiert, manche waren öffentlich lange nicht zu sehen. Von daher ist die Kooperation des Skulpturenpark Waldfrieden mit dem Von der Heydt-Museum ein attraktiver Gewinn für beide Seiten.
     In einem Interview zu dieser Kooperation äußerten sich Tony Cragg und Roland Mönig vor Beginn der Ausstellung. Nachfolgende Ausschnitte aus diesem Gespräch beleuchten diese besondere Zusammenarbeit:

 

Ausstellungsansicht Skulpturenpark Waldfrieden Wilhelm Lehmbruck, Kleiner weiblicher Torso, 1911/12 © Von der Heydt-Museum Wuppertal Foto: Süleyman Kayaalp

 

„Roland Mönig: Aber zurück zu unserer Ausstellung und zu unserem Konzept: Aus den rund 500 Werken, die in der Sammlung des Von der Heydt-Museums zur Verfügung stünden, haben wir 45 ausgewählt. Und das Spektrum innerhalb dieser engen Auswahl ist enorm: Es gibt die aus unserer Sicht heute klassischen – wenn auch zu ihrer Zeit revolutionären – Positionen etwa eines Auguste Rodin. Dann gibt es die im Sinne der Kunstgeschichte klassizistischen Positionen des 19. Jahrhunderts, Christian Daniel Rauch beispielsweise. Andererseits zeigen wir Künstler, die den Körper nur noch als Abstraktion denken oder in Andeutung zeigen, etwa Hans Arp, Lynn Chadwick oder Kenneth Armitage. Bernhard Afingers Penelope, die über viele, viele Jahre mit melancholischem Blick den Eingangsbereich des Von der Heydt-Museums bewacht hat und jetzt erstmals das Haus verlässt, trifft in unserer Auswahl zum Beispiel auf Germaine Richiers Gottesanbeterin. Das sind zwei weibliche Figurationen, wie sie gegensätzlicher kaum sein könnten: Penelope, die immer Wartende, immer Geduldige in antikisierend-klassischer Form und die Menschen- und Männerfressende mit ihrem ausgezehrten Leib, mit ihrem auf Drähte reduzierten Körper. Da kann man wirklich viel lesen – was Körper, Gesten und Rollen betrifft.

 

Ausstellungsansicht Skulpturenpark Waldfrieden Nikolaus Friedrich, Sandalenbinder, 1898 © Von der Heydt-Museum Wuppertal Foto: Süleyman Kayaalp

 

Tony Cragg: Ja. Für mich als Bildhauer liegt hier ein wichtiger Punkt. Du hast gerade den Begriff ´klassisch` verwendet, von klassischer Bildhauerei gesprochen. Und wenn man das hört, denkt man an die griechisch-römische Tradition, die schon ganz erstaunlich ist, weil diese Werke technisch einfach fantastisch ausgeführt worden sind. Und diese Genauigkeit der Darstellung und Herstellung wurde dann später aufgegriffen. Nehmen wir französische Bildhauerarbeiten des 18. und 19. Jahrhunderts, ausgeführt in perfektem Marmor: Sie sind technisch und handwerklich auf einem enorm hohen Niveau. Das Ziel ist Realismus, also die Darstellung oder ´Repräsentation` von Figur. Und mit diesem Ziel vor Augen wird man immer genauer, immer perfekter. Aber trotz der Bewunderung, die man der handwerklichen Leistung zollen muss, wirken diese Arbeiten emotionsarm. Das sieht man das ganze 19. Jahrhundert über, in dem so viel in der Malerei passierte und so wenig in der Bildhauerei – bis zur Jahrhundertwende. Dann kommen Kunstschaffende, die sich nicht mehr mit der genauen Wiedergabe einer Figur zufriedengeben und anfangen, über das Äußere des Menschen hinaus psychische Zustände darzustellen. Das Von der Heydt-Museum und seine Sammlung entstehen genau in diesem Moment, als eigentlich weniges klassisch ist, als man sagt: Nein, Figur muss nicht exakt abgebildet werden…“
Irmgard Ruhs-Woitschützke

 

Die „Meisterwerke der Skulptur“ aus dem Von der Heydt-Museum sind bis zum 20. August 2023 zu sehen.
Skulpturenpark Waldfrieden
Hirschstraße 12
42285 Wuppertal
Tel. 0202 / 47898120

Öffnungszeiten

DI - SO 11 - 18 Uhr

 

 

 

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