rheinische ART
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rheinische ART 12/2016

Archiv 2016

SAMMLUNG FISCHER
Alles ist Konzept

 

Die Kunstsammlung des Landes Nordrhein-Westfalens wurde um Werke der Avantgardekunst der 60er Jahre erweitert. Konzeptkunst ist hier das Stichwort. In Düsseldorf groß gemacht hat sie der Galerist Konrad Fischer.

 

»Wolke & Kristall«. Die Sammlung Dorothee und Konrad Fischer, Installationsansicht der Ausstellung mit Arbeiten von Mario Merz, Foto: © Achim Kukulies © Kunstsammlung NRW

 

Die Sammlung Dorothee und Konrad Fischer wurde von der Kunstsammlung NRW erworben. Diese wird mit mehr als 200 Werken unter dem Titel „Wolke & Kristall“ im Haus K20 der Kunstsammlung gezeigt.

     Der Ankauf selbst fiel noch in die Zeit der künstlerischen Direktorin Marion Ackermann, die seit einigen Jahren mit Dorothee Fischer diesbezüglich in Kontakt stand, bis es Ende 2013 zum Vertragsabschluss kam. Wesentliche Geburtshilfe bei diesem doch erheblichen Ankauf leistete die damalige Kulturministerin Ute Schäfer, die den monetären Aspekt im Landeshaushalt auslotete. Der Einsatz hat sich gelohnt, denn „International weiß man um die kulturhistorische Bedeutung dieser Sammlung“, so Isabel Pfeiffer-Poensgen, Generalsekretärin der Kulturstiftung der Länder.

 

»Wolke & Kristall«. Die Sammlung Dorothee und Konrad Fischer, Installationsansicht der Ausstellung mit dem Circle for Konrad (1997) von Richard Long im Vordergrund, Foto: © Achim Kukulies © Kunstsammlung NRW

 

Konrad Fischer selbst ist legendär, seine Galerie, verortet in einer Tordurchfahrt in der Düsseldorfer Altstadt, wies die Ausmaße von drei mal elf Metern auf. Auf diesen wenigen Quadratmetern hat der Galerist, der vorher als Maler Konrad Lueg und im Verbund mit Gerhard Richter (mehr), Sigmar Polke (mehr) und Manfred Kuttner (mehr) den „kapitalistischen Realismus“ (mehr) ausrief, Kunstgeschichte geschrieben.

 

Selber ein Künstler hatte Fischer für die aktuelle Kunst seiner Zeit ein ganz besonderes Auge. Alfred Schmela, in dessen Galerie er aushalf, hatte ihn in seiner Überlegung, die Seiten zu wechseln und Galerist zu werden, bestärkt.

     Zur ersten Eröffnung seiner „Ausstellungen bei Konrad Fischer“ im Oktober 1967 war – ebenfalls erstmalig in Europa - der US-amerikanische Künstler Carl Andre zu sehen. Vermittelt hatte diesen Kontakt Kasper König. Ein einziges Werk füllte den Raum beziehungsweise bedeckte den Boden, denn es war die Skulptur „5 x 20 Altstadt Rectangle“, die aus ausgelegten Stahlplatten bestand. Die betretbare Bodeninstallation und die leeren Wände dazu brachten Fischer schnell den Ruf eines wegweisenden Galeristen ein, seine Galerie wurde als progressiv betrachtet.
     Das klassische Tafelbild hatte kaum eine Chance, von Fischer präsentiert zu werden. Was ihn faszinierte, war die Realisierung einer konzeptuellen Idee. „Antimalerisch“ sei er orientiert gewesen, ist im die Ausstellung begleitenden Katalog zu lesen. In diesem wird auch Gerhard Richter zu Konrad Lueg zitiert: „Ich möchte eine wesentliche Eigenschaft zu beschreiben versuchen, die ich seit unserer ersten Begegnung (...) an Konrad bewunderte und die für mich einen lebenslangen Wert darstellt. Ich rede von seiner einmaligen Urteilsfähigkeit. Die Art, wie er Bilder (und nicht nur Bilder) schnell und richtig einschätzte, sie gut oder schlecht fand (...) weil er wie kein anderer >sehen< konnte, weil er Bilder (Kunst) unmittelbar verstand...“ So kam ein Konvolut an Künstlern zusammen, die Fischer ausstellte, die aus heutiger Sicht alle eine Spitzenstellung einnehmen. Zu ihnen gehören unter anderen Hanne Darboven (mehr), Sol LeWitt, Bruce Nauman (mehr), Robert Ryman oder Lawrence Weiner.

 

Jim Lambie Turntable , 2004, 11 Tischplatten in Holz, Plastik, Glas, 11 Elektromotoren (Ausschnitt) Foto rART

 

Mit dem Erwerb der Sammlung des Galeristen-Paares ergänzt die Kunstsammlung als Landesgalerie entscheidend ihren bisherigen Bestand um bedeutende Werke der Concept Art und der Minimal Art, der Arte Povera und der Arbeiten jüngerer Künstler. Konrad Fischer verstarb 1996. Seine Frau Dorothee führte die Galerie allein weiter und setzte auch die eigene Sammlertätigkeit fort. So sind auch Werke im K20 zu sehen, die nach Konrad Fischers Ableben entstanden. Dazu gehören Werke von Paloma Varga Weisz oder von Gregor Schneider. In der auf 2000 Quadratmetern ausgebreiteten Schau gilt als besondere Reminiszenz der Blick auf, oder besser „in“, den ersten kleinen Galerieraum Fischers. In zahlreichen nachgebauten Räumen, alle exakt mit den Abmessungen drei mal elf Metern, werden die Künstler so ausgestellt, wie es „damals“ war.

 

»Wolke & Kristall«. Die Sammlung Dorothee und Konrad Fischer, Installationsansicht der Ausstellung mit den Arbeiten Wolke & Kristall von Carl Andre und Lawrence Weiner (Schrift), Foto: © Achim Kukulies © Kunstsammlung NRW

 

Das Ehepaar Fischer pflegte mit all ihren Künstlern der Galerie ein freundschaftliches Verhältnis. Im Laufe der Jahrzehnte wurde Carl Andre 30 Mal ausgestellt. Als Ausdruck dieser engen Verbundenheit darf sicherlich auch der Titel der Ausstellung gewertet werden: Wolke & Kristall/ Blei Leib Leid Lied von 1996 ist eine Installation, die Carl Andre für Konrad Fischer schuf.

 

Schmela Haus, Außenansicht, Foto: Foto: © Achim Kukulies © Kunstsammlung NRW

 

 Mit der Sammlung Fischer hat die Kunstsammlung NRW noch ein besonderes Geschenk erhalten. Es ist das Archiv der Galerie. Zur wissenschaftlichen Aufarbeitung der Geschichte der Galerie Fischer, die die rheinische Kunstgeschichte mit prägte, will man eng mit dem ZADIK in Köln, wohin Kasper König sein Archiv (mehr) gab, und mit dem in Kalifornien ansässigen Getty Research Institute, welches das Archiv Galerie Schmela vorhält, zusammenarbeiten. Hier schließt sich auch der Kreis, denn die ehemaligen Räume der Galerie Schmela gehören heute zu den Räumen der Landesgalerie.

 

Irmgard Ruhs-Woitschützke

 

Die Ausstellung „Wolke & Kristall. Die Sammlung Dorothee und Konrad Fischer“ ist bis zum 08. Januar 2017 zu sehen.
Kunstsammlung NRW
K20, Grabbeplatz

40213 Düsseldorf
Tel. 0211 / 8381-204
Öffnungszeiten
DI – FR 10 – 18 Uhr
SA + SO 11 – 18 Uhr

 

 Übrigens: Die Sammlung Fischer wurde in einer etwas anderen Zusammensetzung bereits 2010 museal präsentiert, und zwar im MACBA in Barcelona und im Museum Kurhaus Kleve. Der Titel der Schau: Mit der Möglichkeit gesehen zu werden. Dorothee und Konrad Fischer: Archiv einer Haltung. (mehr)

 

 

 

 

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