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rheinische ART 10/2016

Archiv 2016

GELESEN: MUSEUMSBAUTEN

Heimathäuser und Eventpaläste


Das Museum ist eine der populärsten Kulturinstitutionen, die Besucherzahlen bestätigen den Boom. Weltweit werden immer wieder Museen neu gebaut, erweitert oder umgebaut. Die Öffentlichkeit verfolgt die Planung und Umsetzung insbesondere der spektakulären, kühnen, ja manchmal gar verwegenen Architektur der Gebäude mit großer Aufmerksamkeit.

 

Kunstmuseum Ahrenshoop, Ahrenshoop Fünf niedrige Gebäude mit Walmdächern, dorfähnlich gruppiert, erinnern an heimatliche Reetdach-Häuser. Architekten: Staab Architekten, Berlin Foto © Staab Architekten, Berlin / DOM publishers Museumsbauten Berlin 2016 S. 84

 

Der Bau von Museen ist schlichtweg zu einem Prestigeobjekt avanciert: Wer es sich leisten kann, baut sich eines. Und in den letzten Jahrzehnten konnten das viele. Nicht immer ist alles gelungen. Das Handbuch "Museumsbauten" aus dem Berliner DOM-Verlag bietet Planungshilfe. 

     Weltweit wurden herausragende Häuser errichtet; modernistisch, futuristisch, manchmal in einer regelrechten Spektakel-Architektur. Es entstanden gebaute Visitenkarten mit oft hohem ökonomischen Wert für die kommunale und regionale Entwicklung. Denn ein Museum strahlt aus, ist städtebaulicher Kristallisationspunkt, Impulsgeber für das unmittelbare Umfeld und Attraktion für den Tourismus.

 

Shanghai Aus einem alten Lagerhaus in Shanghai gestalteten die Architekten ihr eigenes Architekturbüro und eine Ausstellungsfläche. Architekten: ARCHI-UNION ARCHITECTS, Shanghai Foto © Sheng Zhonghai, Shanghai/ DOM publishers Museumsbauten Berlin 2016 S. 359

 

Museumsboom Die derzeitige Hochkonjunktur bei Museen, oft angekurbelt durch jene privaten Kunstsammler, die sich ein öffentlich zugängliches Haus für ihre Sammlung wünschen, reicht um die ganze Welt. Das vermutlich teuerste Museum auf unserem Globus derzeit steht nicht etwa in einer der bevölkerungsreichen und brodelnden Kulturmetropolen, sondern wird in einem Reigen mit anderen im Golfstaat Abu Dhabi gerade aus dem Wüstenboden gestampft. Hier locken Superlative.

     China hat in den vier Jahrzehnten nach Maos Tod seinen Museumsbestand mehr als verzehnfacht. Über 3.800 Kunsttempel verzeichnet das Reich der Mitte, viele davon zeugen von einer innovativen, erstaunlichen Baukunst. Auch in Afrika wird in Sammlungshäuser investiert. Das größte Museum des Schwarzen Kontinents für zeitgenössische Kunst wird alsbald an der Waterfront Kapstadts in einem alten Silo beheimatet sein, von einem Deutschen finanziert und auf einem britischen Reißbrett entworfen.
     Wo auch immer die neuen Kulturspeicher errichtet werden: Es ist unverkennbar, dass sich die Architektur des Museumsbaus in den letzten Jahrzehnten stark geändert hat.

 

Centre Pompidou Metz  Das Kunst- und Kulturzentrum wirkt fast wie ein Zirkuszelt. Architekten: Shigeru Ban Architects Europe (Paris), Jean de Gastines Architectes (Paris) Foto © DOM publishers Museumsbauten Berlin 2016 S. 159

 

In zahlreichen Fällen hat es eine überraschende Museumsarchitektur vermocht, die in sie gesetzten Erwartungen zu erfüllen. Manche Häuser sind regelrechte Publikumsmagneten geworden.

     Erinnert sei hier etwa an den von dem japanischen Architekturbüro SANAA entworfenen puristischen Louvre-Ableger in der nordfranzösischen Stadt Lens, an die dekonstruktivistische Glaskonstruktion von Frank O. Gehry für die Fondation Louis Vuitton in Paris, an The Broad in Los Angeles, an das Holz-Glas-Geflecht des Musée des Confluences, einem Naturkundemuseum in Lyon, an das Centre Pompidou Metz oder an Damian Hirsts rustikale private Museumszeile in London.


Guggenheim Bilbao
Die Fachwelt führt die mit dem Bau der Museen verbundenen ökonomischen Impulse und Erfolge gerne immer noch unter dem etwas abgegriffenen Terminus „Bilbao-Effekt“.

     Gemeint ist das Guggenheim-Museum in der baskischen Industrie- und Hafenstadt Bilbao, das Gehry 1997 in die krisengeplagte Kommune setzte, um – so die Vorstellung der Stadtoberen damals – dem wirtschaftlichen Verfall einen Kontrapunkt zu bieten, den Tourismus anzukurbeln und neue Prosperität zu erzeugen. Das hat dort durchaus funktioniert, denn seither strömen jährlich Tausende in die skulpturale Kunstkathedrale am Ufer des Flusses Nervión, die sonst eher einen Bogen um die schmucklose Industriemetropole gemacht hätten.

     So mancher Betrachter ist allerding unsicher und sinnt darüber nach, ob Bilbao wirklich ein Hort der Kunst ist. Es bleibt hier nämlich wie in manch anderen Fällen die Frage: Ist es denn jetzt der gefeierte extravagante gigantische Bau, der die Besucherzahlen explodieren lässt, oder ist es die präsentierte Kunst des Hauses?

 

Musée du Louvre Paris Ein zeitgenössischer Hingucker ist der Einbau für die Abteilung Islamische Kunst durch eine Überdachung des Cour Visconti im Musée du Louvre. Architekten: Mario Bellini Architects, Mailand und Rudy Ricciotti Architecte, Bandol. Foto © Raffaele Cipolletta/Mario Bellini Architects / DOM publishers Museumsbauten Berlin 2016 S. 97

 

Galeriehaus am Kupfergraben Eleganter Baulückenschluss in Berlin direkt an der Museumsinsel. Architekt: David Chipperfield Architects, Berlin Foto © Ioana Marinescu, London/ DOM publishers Museumsbauten Berlin 2016 S. 171

 

Hardcover mit Gummiband: Museumsbauten, Handbuch und Planungshilfe. DOM publisher/ Edition DETAIL BERLIN 2016

 

Pilger- oder Pleiteort Nicht alle geplanten Museumbauten gelangten in letzter Zeit zum Abschluss. Statt eines architektonischen Highlights kann der Wunsch nach einer neuen Spielstätte für Kunst und Kultur auch schon mal als Luftschloss enden, in einem finanziellen Destaster münden oder als Museumsruine auf der Strecke bleiben, wie in Santiago de Compostela.

     Auch mehrere der weltweit projektierten Guggenheim-Neubauten sind bereits gescheitert, Beispiel Helsinki. Und selbst die höchst renommierte Tate Modern in London, die sich vom Schweizer Architektenbüro Herzog & de Meuron die Erweiterung „Switch House“ errichten ließ, plagt sich aktuell mit einem Problem. Zugegeben, es ist ein Luxusproblem, aber residierende Nachbarn drohen wegen massenhaft neugieriger Museumsbesucher mit Klagen.


Fachbuch Wie soll ein Museum heute aussehen, wo darf, kann oder soll es stehen? Soll die Architektur selbst die Besucher anziehen, oder sich stärker zurücknehmen, um nicht mit den Ausstellungsobjekten zu konkurrieren? 

     Das Handbuch „Museumsbauten“ aus dem DOM-Verlag (mehr) greift diese Fragen auf und zeigt Lösungsansätze. Im Spannungsfeld von Attraktion und Zurückhaltung präsentiert der Band aus der Reihe „Handbuch und Planungshilfe“ des Verlagshauses, der in Kooperation mit DETAIL, der internationalen Zeitschrift für Architektur und Baudetail aus München entstanden ist, mehr als 50 Projekte von New York bis Shanghai, die nicht nur mit spektakulären Formen auftrumpfen, sondern auch gerade durch ihre zurückhaltende Erscheinung und ein subtiles Raumkonzept überzeugen.

 

Beispiel: Planungsparameter Erschließung. Darstellung des zentralen Eingangsgebäudes des Louvre in Paris. Eine Lösung des Architekten I.M.Pei 1989. Foto © DOM publishers Museumsbauten Berlin 2016 S.51

 

Inhalt Die ausführlich - mit Texten, großzügigen Fotografien und detaillierten Zeichnungen - vorgestellten Beispiele zeigen, wie vielfältig die Bauaufgabe Museum hinsichtlich Größe, Form, Material und Funktion ist.

     Denn die Anforderungen an ein Haus für Bildende Kunst sind andere als die an ein Naturkunde- oder Technikmuseum.

     Bei Entwurf und Gestaltung helfen die für diese Publikation erstellten Planungsparameter. Diese fassen alle wichtigen Aspekte wie Typologie, Raumprogramm, Erschließung, Hängung oder Licht- und Klimatechnik anschaulich zusammen. Ein Essay erzählt, wie aus der antiken Schatzkammer von einst eine öffentliche Sammlung, aus dem früheren erhabenen Bildungstempel eine hochattraktive Erlebniswelt wurde und wie sich das Museum in der Zukunft zu einem interaktiven Workshop entwickelt.
     

 Das Buch „Museumsbauten“ ist für Architekten ebenso nützlich wie für ihre Auftraggeber. Alle Schritte des Planungsprozesses werden besprochen, vom Wettbewerb über Konzeption bis zur Entwurfs- und Bauphase. Die Publikation zeigt zudem, dass ein Museum eine herausfordernde Bauaufgabe ist, ganz gleich, ob es sich um ein kleines Heimatmuseum oder einen interaktiven Eventpalast handelt.
rART/cpw


Hans Wolfgang Hofffmann, hrsg. von Christian Schittich
Museumsbauten
Handbuch und Planungshilfe
225 x 280 mm, 416 Seiten, 500 Abbildungen, Hardcover mit Gummiband
ISBN 978-86922-216-5, EUR 78,00
DOM publisher Berlin in Kooperation mit DETAIL München 2016

 

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