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rheinische ART 07/2016

Archiv 2016

KULTURPOLITIK
Plätze frei

 

Nach Marion Ackermann als künstlerische Direktorin der Kunstsammlung NRW, die es nach Dresden zieht und ihren Vertrag vorzeitig kündigte, verlässt nun auch der kaufmännische Direktor Hagen Lippe-Weißenfeld kurzfristig die Kunstsammlung.

 

Diese Nachricht aus dem Ministerium für Familie, Kinder, Jugend, Kultur und Sport des Landes Nordrhein-Westfalen ist keine gute. Nun sind gleich zwei Schlüsselpositionen im landeseigenen Kunstbetrieb neu zu besetzen. Verantwortlich dafür ist die Kulturministerin Christiane Kampmann, die, erst wenige Monate im Amt als Ministerin, selbst ein Neuzugang ist. Bisher ist es ihr noch nicht gelungen, sich als Kundige im Bereich Kultur oder gar als leidenschaftliche Streiterin für die Sache zu empfehlen. Kunst und Kultur, so scheint es, haben keine Heimat bei den derzeitigen politischen Protagonisten.

     Wohlfeile Worte werden indes durchaus gefunden. In der Presseerklärung heißt es:
„Der kaufmännische Direktor der Kunstsammlung Nordrhein-Westfalen, Hagen Lippe-Weißenfeld, wechselt zum 1. September in die Privatwirtschaft … Das landeseigene Museum mit seinen drei Standorten K20 Grabbeplatz, K21 Ständehaus und F3 Schmela Haus hat aktuell rund 90 Mitarbeiter und erzielt im laufenden Jahr einen Gesamtumsatz von etwa 15 Millionen Euro; hiervon steuert das Land NRW rund elf Millionen Euro bei. 'Es war mir eine große Freude und Ehre, die Landesgalerie in kaufmännischen Belangen als Kulturbetrieb weiterzuentwickeln, der anderen Museen im Land als Vorbild dient', bilanziert Lippe-Weißenfeld. Die sieben Jahre der Museumsdoppelspitze gemeinsam mit der künstlerischen Direktorin Marion Ackermann seien eine spannende Zeit gewesen. Marion Ackermann wird am 1. November als Generaldirektorin an die Staatlichen Kunstsammlungen nach Dresden gehen.“

 

Zwei auf einen Streich verlassen die Kunstsammlung des Landes NRW: Marion Ackermann, Künstlerische Direktorin, und Hagen Lippe-Weißenfeld, Kaufmännischer Direktor der Kunstsammlung Nordrhein-Westfalen, Foto: Sebastian Drüen, © Kunstsammlung NRW

 

Andere Vorgänge der letzten Zeit, die Schlagzeilen machten – der Verkauf der Andy Warhol-Bilder der landeseigenen Casino-Betreiberin Westspiel (mehr), die West-LB-Affäre (mehr), im weiteren Sinne die WDR-Affäre – haben ihren negativen Beigeschmack noch nicht verloren. Und damit nicht genug. Der nächste Fauxpas steht mit der vorgeschlagenen Schließung des Museum Morsbroich in Leverkusen an. Vertrauensbildende Maßnahmen sehen anders aus.

 

Die Entwicklung in der landeseigenen Kunstsammlung trifft die Landeshauptstadt Düsseldorf besonders. Die Kommune hat selbst mit Herausforderungen im städtischen Kunstmuseum, dem Museum Kunstpalast, zu tun. Auch hier wird ein neuer Direktor gesucht (mehr) und nach der Abkehr des Energieunternehmens E.on als Sponsor blickt man sich nach einem kunstaffinen Unternehmen um, das diesen Platz füllt.

 

Museum Kunstpalast, Foto: Stefan Arendt, Medienzentrum Rheinland

 

Die Suche ist schwierig, aber durchaus nicht hoffnungslos. Unternehmen, die die Förderung von Kunst und Kultur als gesellschaftliches Engagement verstehen, gibt es durchaus. Allein - sie müssen gefunden und gewonnen werden. Leuchtendes Beispiel für ein sehr gutes künstlerisches Programm gepaart mit einer erfolgreichen Überzeugungsarbeit bei Sponsoren ist Max Hollein, Noch-Direktor des Städel-Museums in Frankfurt. Seine Vernissagen sind Ereignisse, die durchaus bundesweit Beachtung finden und das ist attraktiv, auch für Unternehmen. Doch andere können es auch. Ein Beispiel ist die Hamburger Kunsthalle, die meldete:


„Mit einer der höchsten je während eines Monats an einem deutschen Kunstmuseum gemessenen Besuchszahlen von rund 205.000 Gästen zwischen dem 30. April und dem 31. Mai 2016 erzielt die Hamburger Kunsthalle ein außergewöhnliches und historisches Rekord-Ergebnis. Bereits am Wiedereröffnungswochenende ... wollten weit über 20.000 Menschen das modernisierte Museum sehen ... Mit der Eröffnung der Manet-Ausstellung, die der Direktor der Hamburger Kunsthalle Prof. Dr. Hubertus Gaßner kuratiert hat, steigerte sich der Besucher_innenandrang seit Freitag, dem 27. Mai noch einmal enorm. Da zum Schutz der Exponate die Besuchszahlen in der Manet-Ausstellung begrenzt werden mussten, wurden an die kunstinteressierten Gäste ZeitfensterTickets ausgegeben. Den ganzen Monat Mai 2016 über war der Eintritt in das Museum frei – dank eines Sponsorings durch die Firma ECE von Alexander Otto. Der Unternehmer hatte mit einer 15-Millionen-Euro-Sachspende der von ihm und seiner Frau gegründeten Dorit & Alexander Otto Stiftung die umfassende Modernisierung der Kunsthalle ermöglicht. Die Freie und Hansestadt Hamburg steuerte zusätzlich rund sieben Millionen Euro bei.“ Wie zum Beleg dieser Worte wurde ein Foto gleich mitgeliefert.

 

Besucherandrang vor der Hamburger Kunsthalle. Foto ©Hamburger Kunsthalle

 

Ein weiteres und überzeugendes Beispiel, diesmal aus NRW, ist das Folkwang-Museum in Essen. Seit Mitte Juni 2015 ist die ständige Sammlung des Hauses dank der großzügigen Spende der Alfried Krupp von Bohlen und Halbach-Stiftung bei freiem Eintritt zugänglich. Auch dieses Haus konnte nur Positives vermelden:
     „Das kostenfreie Projekt begann im April 2015 zunächst mit der eintrittsfreien Öffnung an einem Tag im Monat. Es hatte zum Ziel, Kunst stärker im Alltag zu verankern und der hochkarätigen Sammlung des Museum Folkwang neue Aufmerksamkeit zu verschaffen. Die KruppStiftung stellte in der Folge ab Juni 2015 für fünf Jahre insgesamt 1 Million Euro zur Verfügung, um den Eintritt an allen Öffnungstagen kostenfrei zu ermöglichen.
Im vergangenen Jahr nutzten 103.763 Menschen das Angebot. Im Vergleich zum Vorjahreszeitraum ... haben sich die Besuchszahlen im Jahresdurchschnitt mehr als verdoppelt (Steigerung: +141 %).“

Irmgard Ruhs-Woitschützke

 

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Interview mit Kasper König (Museum Ludwig) zum Thema Sponsoring 2010 (hier)


 

 

 

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