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rheinische ART 03/2016

Archiv 2016

LUDWIG MIES VAN DER ROHE
Revolutionär der Bauwelt


Der gebürtige Aachener ist einer der bedeutendsten Architekten des 20. Jahrhunderts. Am 27. März 2016 wäre er 130 Jahre alt geworden. Rückblick auf einen Rheinländer, der zu den Wegbereitern des Neuen Bauens gehörte.

 

Ludwig Mies van der Rohe Project for Concert Hall, 1942. Interior perspective. New York, Museum of Modern Art (MoMA). © 2015. Digital image, The Museum of Modern Art, New York/Scala, Florence.

 

Aachens großer Sohn war ein Ausnahmearchitekt. Und er war einer jener seltenen Vertreter, die ohne klassische Hochschulausbildung, aber mit einer Lehre von der Pike an mit einem Handwerk vertraut gemacht wurden. In der Domstadt im äußersten Westen Deutschlands ist das alles hinlänglich bekannt. Außerhalb der Stadt Karls des Großen ist man über die Herkunft des genialen Baumeisters sowie dessen Lebensweg meist weniger gut informiert.

 

Ludwig Mies van der Rohe mit dem Modell der Crown-Hall in Chicago. Foto © Chicago History Museum


Maria Ludwig Michael Mies (1886-1969) wurde als fünftes und jüngstes Kind des Maurer- und Steinmetzmeisters Michael Mies und dessen Frau Amalie Rohe geboren. Den mütterlichen Nachnamen hängte er als etablierter Mittdreißiger ab 1921, nachdem sein Ehe mit Adele Auguste Bruhn nach sieben Jahren gescheitert war, mit dem Zusatz „van der Rohe“ seinem Geburtsnamen an.


Lehrjahre Nach dem Besuch der Domschule arbeitete Mies im väterlichen Aachener Betrieb und begründete damit seine profunden Kenntnisse von Handwerkskunst und Materialien. Die späteren revolutionären Bauwerke, die emblematisch für die Moderne stehen, lassen heute auch Fachleute noch rätseln, wie ein gerade 17-jähriger Lehrling die Zeichenkunst durch Abzeichnen von Ornamenten in einem Stuckateurbetrieb erlernten konnte.

     Von 1901 bis 1905 war der junge Mies in seiner Geburtsstadt als Gehilfe auf verschiedenen örtlichen Baustellen und als Zeichner in Architekturbüros tätig. Unter anderem war er am Fassadenentwurf für das Kaufhaus Leonhard Tietz am Aachener Markt beteiligt. Über diese Arbeit erlangte er erste Verbindungen nach Berlin, der Stadt, in der er später seinen Ruhm begründen sollte.

 

Ludwig Mies van der Rohe Neue Nationalgalerie Kulturforum in Berlin-Tiergarten, erbaut 1968. Das Haus beherbergt die Kunstsammlung des 20. Jahrhunderts der Staatlichen Museen zu Berlin. Wegen Renovierung ist es derzeit geschlossen. Foto © Staatliche Museen Berlin /SMB, Maximilian Meisse

 

Berliner Erfahrungen 1905 zog Mies als Neunzehnjähriger nach Berlin. Wichtige Eindrücke lieferten ihm die Bauten von Karl Friedrich Schinkel und eine Exposition des amerikanischen Architekten Frank Lloyd Wright. In der boomenden Metropole knüpfte er schnell Kontakte zu avantgardistischen Künstler- und Architektenkreisen, etwa der Dada-Richtung (mehr) und der Werkbund-Verfechter (mehr).

     Mies lernte ferner auch den damals bereits herausragenden Baumeister Peter Behrens (mehr) und Walter Gropius kennen. Im Büro von Behrens war Mies rund fünf Jahre tätig. In dieser Zeit wurde er unter anderem mit der Projektleitung des privaten Wohn-Museums-Hauses der holländischen Mäzenaten- und Sammlerfamilie Kröller-Müller in Den Haag betraut (mehr). Seine Hausentwürfe orientierten sich damals noch stark am klassischen Schinkel-Stil.


Haut-und-Knochen-Architektur Rund 15 Jahre später, mit Beginn der 20er-Jahre, machte sich Mies in den aktuellen Debatten um das Neue Bauen schnell einen Namen. Sein Faible für traditionelle, hochwertige Baustoffe wie Stein und Marmor, das sich auf die Aachener Jahre zurückführen läßt, verband er zunächst mit noch visionären Entwürfen, die auf neuartigen Materialien und Konstruktionsweisen basierten.

     Diese Entwürfe, Glashochhäuser mit Stahlskelettstrukturen, die gelegentlich als „Haut-und-Knochen-Architektur“ bezeichnet wurden, waren ihrer Zeit weit voraus und derartig visionär, dass es für sie noch gar keine technischen Lösungen für eine Realisierung gab. Mies´ Arbeiten leisteten somit zunächst als theoretische Projekte einen Beitrag zur Weiterentwicklung der modernen Architektur. Sie markieren aber auch den Beginn seines Durchbruchs als Baumeister einer neuen Zeit.

 

Ludwig Mies van der Rohe Möbel der berühmten Barcelona-Collection im privaten Glashaus des US-Architekten Philip Johnson in New Canaan/ Connecticut. Das "Glass House" wurde 1949 von Johnson und Richard Foster geplant und gebaut. Es besteht aus nur einem Raum von 9,6 x 16,8 m und ist rundum voll verglast. Der Wohnbereich mit den Mies-Möbeln wird durch einen weißen Teppich markiert. Foto © Knoll Archive.


Barcelona-Pavillon
Aber nicht nur mit seiner Auffassung von Materialität, auch mit seinem neuartigen Raumverständnis - das im Kern die Auflösung der klassischen Raumgliederung und eine Verbindung von Außen- und Innenraum vorsah  - revolutionierte er die Bauwelt. So wurden seine Konzepte zum Beispiel im Deutschen Pavillon auf der Weltausstellung 1928/29 in Barcelona im sogenannten „Barcelona-Pavillon“ umgesetzt. Der Pavillon zählt zu den Hauptwerken des Aacheners und begründete endgültig seinen Weltruhm. Die speziell für das Bauwerk von ihm entworfene Möbel, darunter der „Barcelona-Chair“, sind heute Design-Klassiker.


Ludwig Mies van der Rohe Haus Lange, Gartenseite, in Krefeld um 1965, Foto © Stadtarchiv Krefeld. Fotobest. Obj.-Nr. 13721-9866/27

 

Rheinische Projekte In den Jahren 1930 bis 1933 war Mies van der Rohe Direktor des Bauhaus in Dessau (mehr). Gleichzeitig war er in Krefeld besonders stark engagiert. In einer Art Auftragsserie baute er für die Seidenfabrikanten und Kunstmäzene Hermann Lange und Josef Esters repräsentative Gebäude. So etwa die benachbarten Unternehmervillen Haus Lange und Haus Esters, die heute als Ausstellungsorte für zeitgenössische Kunst dienen (mehr). Ferner das Industriegebäude der Vereinigten Seidenwebereien AG (Verseidag), heute „Mies van der Rohe Buisness Park“.

     Geplant aber nie realisiert wurden dagegen das Krefelder Golf-Clubhaus (mehr), ein zweites Gebäude für die Verseidag sowie ein weiteres Privathaus. Mies van der Rohe legte großen Wert auf Verbindungen in seiner Heimat, insbesondere zu seinem Bruder Ewald Philipp, der ein Geschäft für Natursteine führte. Nachweislich suchte er beim Bruder Rat etwa bei Fragen der Materialauswahl und -beschaffung für seine Gebäude.

 

 

Ludwig Mies van der Rohe Crown Hall aus dem Jahre 1956. Die Crown Hall ist eines der Hauptwerke des Aacheners und eines der bedeutendsten Gebäude der Architektur der Moderne bzw. des „International Style“. Foto © Illinois Institute of Technology in Chicago


Emigration 1938 emigrierte Mies van der Rohe in die Vereinigten Staaten und ließ sich in Chicago nieder. Am dortigen College of Architecture, Planning and Design des Illinois Institute of Technology (IIT) wurde er Leiter der Architektur-Abteilung. In dieser Funktion plante und realisierte er die berühmte Crown-Hall, das Hauptgebäude der Hochschule. Von diesem architektonischen Meisterwerk sagte er selbst einmal: „Ich glaube, das ist die klarste Konstruktion, die wir je gemacht haben, und sie drückt am besten unsere Philosophie aus.“ In ähnlichem Stil mit viel Glas und Licht entwarf er das 1968 in Berlin-Tiergarten eröffnete Gebäude für die Neue Nationalgalerie.

 

Glaspalast (Glaspaleis) Heerlen, vormals Modehaus Peter Schunck. Erbaut vom niederländischen Architekten Frits Peutz 1934-1935 im Stil des Neuen Bauens. Foto © Rijksdienst voor het Cultureel Erfgoed. Fotograf Kris Roderburg.  

 

Ludwig Mies van der Rohe 860-880 Lake Shore Drive, Chicago, erbaut 1949-1951. Fotoquelle Wikipedia, Foto © Jeremy Athersons, 2006

 

Ausstellungen Anlässlich des 130. Geburtstags wird der Aachener mit zwei Ausstellungen gewürdigt. Im grenznahen niederländischen Heerlen zeigt ab April das Kulturzentrum Schunck im Glaspalast (Glaspaleis) eine große Schau mit dem Titel „Mies & das Erbe der Moderne“. Der Expo-Ort Glaspalast ist übrigens selbst eine Architektur-Ikone, die eindeutig Mies-Impulse aufweist.

     Im Oktober schließt sich das Aachener Ludwig Forum an. Das Haus bietet einen völlig neuen Blick auf den deutsch-amerikanischen Architekten: Nämlich Mies van der Rohe als Kunstsammler, seine Beziehungen zu Picasso, Braque und Maillol sowie die von ihm geschaffenen Collagen. Die geplante Exposition widmet sich somit den künstlerischen Wurzeln im Schaffen des Aacheners, wie das Ludwig Forum erklärt.
rART/cpw


 Die Exposition in Heerlen stellt in einem internationalen Teil fünf der bedeutendsten Mies-Projekte vor und erörtert an ihnen die Frage, wie derzeit mit modernistischer Architektur in Form von Renovierung und Sanierung umgegangen wird. Die Beispiele sind die Bauikonen Haus Tugendhat (Brünn), die Krefelder Seidenfabrik Verseidag sowie drei Objekte in Chicago (Crown Hall, Hochhauskomplex am Lake Shore Drive und die Carr Memorial Chapel).


► Zwischen 1910 und 1965 schuf Mies van der Rohe eine Vielzahl von Collagen und Fotomontagen, die auf faszinierende Weise die Gestaltungsprinzipien seiner Baukunst verdeutlichen und darüber hinaus ein eigenständiges künstlerisches Werk darstellen. Bei den vorgesehenen Exponaten im Aachener Ludwig Forum handelt es sich um ein umfangreiches Konvolut an Leihgaben aus dem New Yorker Museum of Modern Art (MoMA).


Heerlen (NL)

Die Ausstellung „Mies & das Erbe der Moderne“ findet vom 9. April bis zum 7. August 2016 statt.
Glaspaleis Schunck
Bongerd 18
6411 JM Heerlen - Stadt
Tel (+31) (0)45 5772200
Öffnungszeiten
MO-SA 9 - 23 Uhr
SO 11- 17 Uhr

 

Aachen

Die Ausstellung „Mies van der Rohe. Die Collagen aus dem MoMA“ beginnt am 27. Oktober 2016 und endet am 12. Februar 2017.
Ludwig Forum für internationale Kunst
Jülicher Str. 97-109
52070 Aachen
Tel 0241 1807104
Öffnungszeiten
DI, MI, FR 12 – 18 Uhr
DO 12-20 Uhr
SA, SO 11 – 18 Uhr

 

 

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