rheinische ART
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rheinische ART 05/2016

Archiv 2016

TANZTHEATER 
Pina Bausch

  

Pina Bausch gilt als Pionierin des modernen Tanztheaters und als eine der einflussreichsten Choreografinnen des 20. Jahrhunderts. Gemeinsam mit ihrer Kompanie entwickelt sie eine Form des Tanztheaters, welches – verknüpft mit ihrem Namen – längst als ein eigenständiges Genre betrachtet wird. In der Bonner Bundeskunsthalle wird ihr Schaffen nun umfänglich in Form einer Ausstellung erfahrbar gemacht.

 

Pina Bausch tanzt ein Solo in Danzón (Ausschnitt) Foto ©Jochen Viehoff

 

Pina Bausch (1940–2009), als Tochter einer Gastwirtsfamilie in Solingen geboren, entdeckt früh ihre Liebe zum Tanz, geht ins Kinderballett, wo ihr Talent erkannt wird. 1955 beginnt sie an der Essener Folkwangschule bei Kurt Jooss eine professionelle Tanzausbildung, die sie 1959 abschließt. Jooss gilt als Pionier der revolutionären deutschen Ausdruckstanzbewegung der 1920er und 1930er Jahre. Das Magazin „Spiegel“ bezeichnete ihn 1951 „als der Welt bekannteste deutsche Ballettmeister“.

 

Porträt Pina Bausch. Foto Wilfried Krüger ©Pina Bausch Foundation

"Mich interessiert nicht, wie die Menschen sich bewegen, sondern was sie bewegt." Pina Bausch

 

Als wichtigste Maßstäbe nimmt sie aus der Zusammenarbeit mit Jooss – wie sie später formuliert – „Ehrlichkeit und Genauigkeit“ mit: Ehrlichkeit im Umgang mit der Wirklichkeit und Genauigkeit im Ausarbeiten der Form. Nach weiteren zwei Jahren in New York - zunächst als Stipendiatin an der renommierten Juilliard School of Music, danach als Tänzerin beim New American Ballet und beim Ballett des Metropolitan Opera House - kehrt sie 1962 auf Bitten von Jooss als Solistin an das neu gegründete Folkwang-Tanzstudio nach Essen zurück.

 

Es ist der Intendant Arno Wüstenhöfer, der Bausch zur Spielzeit 1973/74 als Choreografin an die Wuppertaler Bühnen beruft. Die Zeiten haben sich gewandelt. Das neu entstandene Regietheater hat auch die Erwartungen an den Tanz verändert.
     Bausch reagiert und ändert den Namen ihres Ensembles von Ballett zu Tanztheater. Sie erprobt die verschiedensten Genres, nennt ihre Stücke Tanzoper, Revue, auch Operette, beginnt tänzerische und theatralische Mittel zu verbinden. Ihre choreografische Sprache ist unmissverständlich und klar.

 

Ein unbekannter Fotograf machte diese Aufnahme von der Aufführung Tablet unter der Choreographie von Paul Taylor. Die Kostüme von Pina Bausch und Dan Wagoner hat der amerikanische Maler und Bildhauer Ellsworth Kelly gestaltet. Spoleto/Italien 1960. Foto ©Pina Bausch Foundation

 

Gemeinsam mit ihrem Lebenspartner Rolf Borzik, der bis zu seinem Tod 1980 die Kostüme und Bühnenbilder entwickelt, erschafft sie eine neue Ästhetik. Später setzt sie die Arbeit mit Peter Pabst (Bühne) und Marion Cito (Kostüme) fort. Gemeinsam mit den musikalischen Mitarbeitern Matthias Burkert und Andreas Eisenschneider findet sie immer wieder neue, ungewöhnliche Musiken für ihre frei collagierten Stücke, die in poetischen Bildern und Tänzen von den Ängsten und Sehnsüchten handeln, die Menschen umtreiben.

 

Arbeitsweise Die Suche nach Liebe, Nähe und Geborgenheit wird zum zentralen Motiv für ihre Arbeit, für die sie eine neue Arbeitsweise entwickelt. Sie stellt ihren Tänzern Fragen – 800 bis 1000 pro Stückrecherche – und komponiert aus 40 bis 50 Antworten ihre hochemotionalen, bewegenden Exkursionen ins Innere der Wünsche. Auch damit schreibt sie Tanzgeschichte.
     In der Zeit, die Pina Bausch mit dem Tanztheater Wuppertal arbeitet, choreografiert und inszeniert sie 46 Stücke; ein umfangreiches Repertoire. Als stilprägend erweist sich von Beginn an das Prinzip der Collage: Bewegte Bilder, getanzte Sequenzen und theatrale Szenen werden vielschichtig miteinander verwoben. Von 1973 bis 2009 arbeitet Pina Bausch mit cirka 125 Tänzern zusammen, die als feste Mitglieder beim Tanztheater Wuppertal engagiert sind. Neben seiner Internationalität zeichnet sich das Ensemble durch eine starke Heterogenität hinsichtlich der Altersstruktur und des Erscheinungsbildes aus, was für eine Tanzkompanie ungewöhnlich ist. Bausch hat eigene Maßstäbe. Sie ist – die tänzerische Qualität voraussetzend – vor allem an der Persönlichkeit jedes einzelnen interessiert und daran, dass jeder Tänzer, jede Tänzerin diese auch auf der Bühne zeigt.

 

Aufführung des Pina Bausch-Stücks Das Frühlingsopfer. Foto ©Zerrin Aydin-Herwegh

 

„Die Frage, ob etwas richtig ist, stellt sich nicht mehr, wenn man es gefunden hat, das weiß man einfach.“ Pina Bausch (1998)

 

Bühnenprobe zu Nelken im Palais des Papes, Avignon, 1983. Foto Ulli Weiss ©Pina Bausch Foundation

 

Bühne Kennzeichnend für die Bühnenräume in Pina Bauschs Tanztheater ist die häufige Verwendung von Naturmaterialien. Erde, Wasser, Laub, Gras oder Steine erzeugen Gerüche und Geräusche. Sie scheut sich nicht, die Bühne unter Wasser zusetzen oder sie mit Blumen regelrecht zu übersäen. Vor allem aber hinterlassen sie Spuren der Bewegungen, auf den Körpern ebenso wie im Raum. Bewusst setzt Bausch ihr Ensemble Erschwernissen aus und untergräbt damit die Routine der Bewegung.

 

Ausstellung Während die meisten Stücke Pina Bauschs immer wieder vom Tanztheater Wuppertal aufgeführt werden und somit als Ergebnisse ihrer Arbeit für die Zuschauer weiterhin erfahrbar sind, widmet sich diese Ausstellung den vorausgehenden und begleitenden Entstehungs- und Entwicklungsprozessen.
     Dabei folgt die Schau mit der Auswahl und Zusammenstellung den Aussagen der Künstlerin, die in ihrem Workshop-Vortrag „Etwas finden, was keiner Frage bedarf“ anlässlich der Verleihung des Kyoto-Preises 2007 ihren Schaffensweg resümiert hat. Unterschiedliche dokumentarische Materialien, die aus dem umfangreichen Archiv der Pina Bausch Foundation stammen, beleuchten den Werdegang der Choreografin, entfalten ihre Arbeitsweise und nehmen ihre Motive und Inspirationen in den Blick.

 

Ausstellungsansicht Lichtburg, Foto Simon Vogel, 2016 ©Kunst- und Ausstellungshalle der Bundesrepublik Deutschland GmbH

 

Lichtburg Herzstück der Ausstellung ist ein originalgetreuer Nachbau der „Lichtburg“ – jenes legendären Proberaums in einem alten Wuppertaler Kino, in dem Pina Bausch den größten Teil ihrer Stücke gemeinsam mit ihren Tänzerinnen und Tänzern entwickelt hat. In der Bundeskunsthalle ist dieses ein höchst lebendiger Teil der Ausstellung. Mitglieder des Tanztheater Wuppertal vermitteln den Besuchern Bewegungsqualitäten und kleine Bewegungssequenzen; Performances, TanzWorkshops, öffentliche Proben, Talks, Filme werden gezeigt. So wird die Lichtburg als ein Labor des Erinnerns und der Transformation erfahrbar.

rART/bra

 

Die Ausstellung „Pina Bausch und das Tanztheater“ wird bis zum 24.07.2016 gezeigt.

Kunst- und Ausstellungshalle der Bundesrepublik Deutschland GmbH
Museumsmeile Bonn
Friedrich-Ebert-Allee 4
53113 Bonn
Tel. 0228 / 9171–200
Öffnungszeiten
DI, MI 10 - 21 Uhr
DO - SO 10 - 19 Uhr


 

 

 

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