rheinische ART
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rheinische ART 04/2016

Archiv 2016

STAUBARCHIV

Stäube-Parade


Das Thema ist merkwürdig, reizt schon in Gedanken zu einem Buh, zum Niesen oder zum Naserümpfen. Staub zu Staub ist die Devise des Sammlers Wolfgang Stöcker. Er hortet diese Art von Kehricht, ob organisch oder anorganisch, in Beuteln und anderen Behältnissen in seinem Staubarchiv.

 

Wolfgang Stöcker mit der künstlich gezüchteten "Riesenwollmaus". Foto © W. Stöcker/ Kölnisches Stadtmuseum

 

Wolfgang Stöcker (*1969 Bergisch Gladbach) ist promovierter Kunsthistoriker, bietet auch Kölner Stadtführungen der besonderen Art an, und sammelt seit 2004 Staub.

     Nicht irgendwelchen aus Kabuffs in Irgendwo, sondern Proben von internationalen Kunst- und Kulturorten. Darunter sind so namhafte Fundorte wie die Akropolis, der Drachenfels, die jordanische Wüstenstadt Petra oder der Vatikan. Über 400 Stäube hat er in den Jahren „säuberlich“ etwa in Kunststoffbeuteln archiviert, katalogisiert, gruppiert und in seinem Staubarchiv deponiert. Dies trägt den Namen „Deutsches Staubarchiv“, hat seinen Sitz in Köln und ist im Lande ohne Beispiel.

 

Beispiel Sakraler Staub Würzburger Dom Entnahme: 14. Juli 2006 Foto © Staubarchiv Köln

 

Staubsorten Nach eigenen Angaben arbeitet das Archiv interdisziplinär in den Bereichen Kunst, Alltagsgeschichte, Geologie, Chemie und Physik. Das Stöcker´sche Staubarchiv trennt die gelegentlich flüchtigen Archivalien in sechs Kategorien. So gibt es sakrale Stäube, kulturelle und politische Stäube von Orten politischer Macht. Aus Weinkellern oder sonstigen Örtlichkeiten des leiblichen Wohls stammen die sogenannten kulinarischen Stäube, auch musikalische und naturräumliche Stäube bilden jeweils eine eigene Untergruppe.

     Und auch nicht alles im Beutel ist wirklich Staub im konventionellen Sinne. Da gibt es, je nach Fundort, Indoor- oder Outdoor-Staub: sandig, körnig oder pulverig, mit erdigen Spuren, mit Flusen, Oliven- oder Holzresten oder toten Fliegen.

 

Beispiel Kulinarischer Staub Weingut Ayala Frankreich L'Artisan Du Champagne depuis 1860, Entnahme: April 2010 Mari Lax-Hofmann Foto © Staubarchiv Köln 

 

Alles Dada? Ist das nun Objektkunst oder ein Kunst-Interim, das man zwischen Dadaismus und Philosophie verorten muss? Vielleicht. Aber vielleicht steckt auch ein tieferer Sinn dahinter. Ob Besenkammer, Abstell- oder Vorratsraum, sie sind nach Stöcker „die ehrlichsten Orte einer Wohnung“. Denn im „Habitus der Besenkammer spiegelt sich der Charakter eines Menschen“.

     Der ist gelegentlich schwach ausgeprägt und verbesserungswürdig, und daher offeriert der Archivgründer mit einer weiteren fachbezogenen Einrichtung, dem „Institut für Kleinraumforschung“ Abhilfe. Die eher unbeachteten Lokalitäten eines Haushaltes werden von ihm untersucht und dokumentiert. „Wir erforschen das Saug-, Kehr-, und Wischverhalten putzender Menschen.“ Die putzenden Menschen wiederum können oder sollen, um einen Beitrag zur Hygieneforschung zu leisten, ein Staubtagebuch führen. So weit, so gut.

 

Beispiel Kultureller Staub Opernhaus Sydney (Innen) Entnahme: unbekannt, Foto © Staubarchiv Köln


Exposition Teile von Wolfgang Stöckers Stäube-Parade sind nun im Goldenen Kubus des Kölnischen Stadtmuseum zu sehen. Für die Schau „Unter Kölner Dächern - Kölner Staub als Objektkunst und Fotografie“ stellte der Sammler ganz besondere Proben zusammen, nämlich nur Stäube aus Köln. Sie stammen aus Speichern oder Kellern stadtbekannter Bauwerke wie etwa aus der Kirche St. Ursula, dem Hansa-Hochhaus oder dem Bettenhaus der Uniklinik.

     Durchweg sogenannte Indoor-Stäube, wie es heißt, wozu der gemeine Hausstaub gehöre, der auch die Wollmäuse zum Leben erwecke, so Museums-Vizedirektor Michael Euler-Schmidt. Alle Fundstellen wurden von Stöcker - sozusagen in bester wissenschaftlicher Manier - fotografisch dokumentiert. Die Bilder erlauben einen eindrucksvollen Blick in ansonsten unzugängliche Orte. Besonders spektakulär: die Fotografien der Speicherlandschaften einiger Kölner Kirchen.

     Präsentiert wird daneben erstmals eine größere Anzahl von Stöckers „Staubschreinen“. Seit Anfang 2015 gießt der Künstler Kölner Staub in Wachs und lässt so im buchstäblichen Sinn des Wortes eine anwachsende Staubstadt entstehen.
rART/ cpw


Die Kubus-Ausstellung „Unter Kölner Dächern - Kölner Staub als Objektkunst und Fotografie“ wird bis zum 5. Juni 2016 gezeigt.
Kölnisches Stadtmuseum
Zeughausstraße 1-3
50667 Köln
Tel. 0221 / 22 12 57 89
Öffnungszeiten
DI 10 - 20 Uhr
MI - SO 10 - 17 Uhr
1. DO jeden Monats 10-22 Uhr

 

 

 

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