rheinische ART
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rheinische ART 01/2016

Archiv 2016

AM RHEINLAND VORBEI

Fotos für die Ewigkeit

 

Es ist nicht nur eine Wanderausstellung brillanter Fotografien, sondern von Meisterwerken, die im kollektiven Gedächtnis ihren Platz haben. Alle wurden mit Leica-Kameras geschaffen. Leider macht diese großartige Fotoschau einen eleganten Bogen um das Rheinland.

 

Christer Strömholm Nana, Place Blanche, Paris 1961, Fotomuseum WestLicht Wien © Christer Strömholm / Strömholm Estate, 2014

 

Die Jubiläums-Ausstellung des deutschen Kameraherstellers Leica Camera AG aus Wetzlar titelt „Augen auf! 100 Jahre Leica Fotografie“ und gastiert derzeit an zwei Ausstellungsorten in Wien.

 

Ur-Leica von 1914, Fotomuseum WestLicht Wien © Leica Camera AG

 

Leitz Camera Sie beleuchtet den ersten radikalen Umbruch in der Fotografie, der mit der Erfindung der kompakten 35-mm-Kleinbildkamera „Leica“ (Abkürzung für Leitz Camera) 1914 ausgelöst wurde. Als Konstrukteur gilt der Feinmechaniker Wilhelm Oskar Barnack, der Entwicklungschef für Filmkameras bei den Leitz-Werken war. Er nannte den Prototypen zunächst noch „Liliput“. Seine bahnbrechende technische Innovation war jedoch kriegsbedingt erst ab 1925 serienreif für den Markt.

 

Alfred Eisenstaedt VJ Day, Times Square, NY 14. August 1945, Fotomuseum WestLicht Wien, © Alfred Eisenstaedt, 2014 / Leica Camera AG, Courtesy Skrein Photo Collection

 

Foto-Ikonen Mit den handlichen Kleinbildkameras, die in Punkto Qualität keine Kompromisse kannten, war es ab Mitte der 1920er Jahre möglich, die heute als Kultbilder der Fotowelt gefeierten einzigartigen Bilddokumente zu schaffen.

     Professionelle Lichtbildner - sie arbeiteten selbstverständlich mit einer Leica. Das Paar, das sich am Times Square in New York zum Kriegsende 1945 umarmt und küsst, ist ein berühmtes Bild von Alfred Eisenstaedt. Ebenso ikonenhaft: der Pfützenspringer in Paris von Henri Cartier-Bresson („Die Leica ist die Verlängerung meines Auges“ - mehr); das wegen seiner Echtheit umstrittene Kriegsfoto des fallenden Soldaten im Spanischen Bürgerkrieg 1936 von Robert Capa (mehr) oder die von Napalm verbrannten vietnamesischen Kinder, aufgenommen vom Kriegsreporter Nick Út, 1972 als „World Press Photo“ ausgezeichnet. Es sind jene Aufnahmen, die alle kennen und keiner wirklich vergessen kann – sie sind fest verankert im kollektiven Gedächtnis unserer Gesellschaft.

 

Nick Út Napalm-Angriff in Vietnam, 1972, Fotomuseum WestLicht Wien, © Nick Út / AP / Leica Camera

 

Kamera-Revolution Die Leica-Kleinbildkamera machte das Fotografieren zum selbstverständlichen Teil der Alltagskultur. Leicht zu bedienen und bequem zu tragen gestattete sie begeisterten Amateuren und Quereinsteigern einen einfacheren Zugang zur Fotografie. Für damalige Fotoenthusiasten öffnete sich eine neue Welt.

 

Henri Cartier-Bresson Calle Cuauhtemoctzin, Mexico City 1934, Fotomuseum WestLicht Wien, © Henri Cartier-Bresson / Courtesy Fotosammlung OstLicht

 

Bernd Arnold „Das Kölner Heil“ aus dem Zyklus „Macht und Rituale der Katholischen Kirche in Köln“, 1986-1997, Kardinal in seinem Dienstwagen, 1989, Köln, Deutschland. Galerie OstLicht Wien © Bernd Arnold

 

Wihelm Oskar Barnack Flut in Wetzlar 1920, Fotomuseum WestLicht Wien © Leica Camera AG

 

Die Wiener Bilderschau präsentiert neben den Arbeiten der international bekannten Fotografen und Bildjournalisten großartige Fotografien von Fachgrößen wie Alexander Rodtschenko, Robert Frank, René Burri, Robert Lebeck, dem Kölner Bernd Arnold oder dem Magnum-Fotografen Thomas Hoepker.

     Kurator Hans-Michael Koetzle hat darüber hinaus Aufnahmen von Amateuren oder Künstlern in die Ausstellung aufgenommen, deren Namen bis dato nicht zwangsläufig mit dem Thema Kleinbild in Verbindung gebracht wurden. Zu dieser Kategorie von Fotoschaffenden gehörte etwa der russische Journalist und Schriftsteller Ilya Ehrenburg, der Architekt und Maler Alfons Walde aus Österreich oder der gesellschaftskritische Maler, Grafiker und Karikaturist George Grosz (mehr).

     Bedeutende, selten gezeigte Leihgaben aus dem Werksarchiv der Leica Camera AG, wie etwa das Barnack-Bild "Flut in Wetzlar" von 1920, dazu Exponate aus internationalen Sammlungen und Museen sowie von privaten Leihgebern wie den Sammlungen F.C. Gundlach, Skrein Photo Collection und WestLicht, bereichern das Ausstellungsprojekt. Mehrere Fotografien von über 140 Künstlern, unter ihnen auch der Düsseldorfer Walter Vogel (mehr) mit dem schwarz-weiß Motiv „Boxerbeine“ von 1956, runden die Kollektion ab.

 

Technik- und Fotogeschichte Der Rückblick auf ein Jahrhundert Fotografie zeigt, wie sich durch die erste technische Foto-Revolution die Sicht auf die Welt veränderte und eine völlig neue Bildsprache Raum griff. Innovationen gab es fast am laufenden Band. Es wurden neue, leistungsstarke Objektive entwickelt, neue Negativfilme auf der Basis von Kinofilmen und Entwicklungstechniken verbesserten die Bildqualität und eine leise, präzise Mechanik erlaubte ein dynamisches, flexibles und spontanes Fotografieren, wie es bis dahin undenkbar war.

 

Bruce Gilden ohne Titel aus dem Zyklus „GO“, 2001, Galerie OstLicht Wien © Bruce Gilden 2014 / Magnum Foto

 

Jeff Memelstein Sidewalk, 1995, Galerie OstLicht Wien © Jeff Memelstein, Leica Camera AG

 

Die Fotografie war erstmals schnell, erschwinglich und gut - es war ein Epochenwandel. Ihre Entwicklung vollzog sich rasant, vergleichbar der jüngsten technischen Entwicklung auf dem Fotomarkt.

     Denn der Umbruch vom analogen Film zur Digitalfotografie schuf neue Verhältnisse in der Foto-Branche und mit dem Siegeszug der Smartphones als Kamera für alles und alle (mehr) krempelt aktuell eine dritte Revolution das klassische Fotowesen völlig um. 

     Bekannte und etablierte Markenamen, ob als Handelskette, Film- oder Kameraproduzent, hat das bereits die Existenz gekostet. Herausragendes Beispiel ist der Niedergang des US-amerikanischen Fotokonzerns Eastman Kodak. Dessen hauseigene Ingenieure hatten zwar die erste Digitalkamera der Welt entwickelt und damit eine Revolution ausgelöst, die Innovation wurde allerdings falsch eingeschätzt, ging über Kodak hinweg und 2012 war der Konzern insolvent (mehr). Diesem Schicksal entgingen die Leica-Werke. Das Traditionsunternehmen wurde von einem fotobegeisterten Investor übernommen und produziert heute am Standort Wetzlar und in Portugal analoge Kamera-Klassiker wie auch hochmoderne Fotoapparate mit Digitaltechnik im Hochpreissegment. Damit bleibt der deutsche Kameraproduzent ein begehrter Außenseiter, so wie er es zur Zeit der Firmengründung vor 100 Jahren auch war.
Claus P. Woitschützke

 

 Die sehenswerte Exposition, die von Leica anlässlich des runden Jubiläums 2014 auf Tournee geschickt wurde, hatte in den Hamburger Deichtorhallen Premiere, danach war sie in Frankfurt und Berlin zu sehen, ab März wird sie in München gezeigt. Eine Ausstellung in der „Fotostadt Düsseldorf“ ist nicht geplant.


Die Ausstellung „Augen auf! 100 Jahre Leica Fotografie“ wird in Wien an zwei Orten mit unterschiedlichem Schwerpunkt gezeigt.

 

Teil I „Klassischer Teil“ der Ausstellung bis zum 21. Februar 2016
WestLicht Schauplatz für Fotografie
Westbahnstr. 40
A-1070 Wien
Tel. +43 1 522 6636
Öffnungszeiten

DI, MI, FR 14 - 19 Uhr
DO 14 - 21 Uhr
SA, SO 11 - 19 Uhr

 

Teil II „Zeitgenössischer Teil“ der Ausstellung bis zum 13. Februar 2016
OstLicht Galerie für Fotografie
Absberggasse 27
A-1100 Wien
Tel. +43 1 996 2066
Öffnungszeiten
MI - SA 12 - 18 Uhr

 

 

 

 

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