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rheinische ART 04/2016

Archiv 2016

MUSEUMSERWEITERUNG

Uecker in Schwerin


Der Volksmund ist mit Titulierungen schnell bei der Hand. Der Erweiterungsbau des Schweriner Museums, der Anfang Juli 2016 eingeweiht wird, ist für die Schweriner offenbar schlicht der „Uecker-Bau“, nimmt er doch einen großen Werkkomplex des gebürtigen Mecklenburgers Günther Uecker auf.

 

Staatliches Museum Schwerin Fries an der Vorderfront. Das Gebäude wurde 1877 bis 1882 als Galerie nach Plänen von Hermann Willebrand auf den Fundamenten des 1842 von Georg Adolph Demmler begonnenen, großherzoglichen Palais errichtet. Foto © rART 2016

 

Der vor allem durch seine Nagelbilder zu Ruhm gelangte Günther Uecker (*1930) zählt zu den herausragenden deutschen Künstlern mit weltweiter Reputation. Werke des in Düsseldorf lebenden 85-Jährigen, der in Wendorf nahe Schwerin geboren wurde, befinden sich in den wichtigsten nationalen und internationalen Museen. Anlässlich des Geburtstags 2015 richtete die Kunstsammlung NRW eine große Uecker-Retrospektive aus (mehr).

 

Günther Uecker Aktionskünstler, Bildhauer, Klang- und Konzeptkünstler, Minimalist und Poet. In Düsseldorf zu Hause, in Schwerin beheimatet. Foto © rART 2015

 

Seit Jahren wurde in Schwerin an der Zusammenstellung eines Werkkomplexes von Uecker gearbeitet. Die Sammlung, so das Ziel, sollte das Werk des Künstlers repräsentieren und in der deutschen Museumslandschaft ohne Beispiel sein.

     Einen mächtigen Schritt voran ging es damit 2013, als das Land Mecklenburg-Vorpommern unter anderem mit Hilfe des Bundes 13 Kunstwerke des Minimalisten und Konzeptkünstlers für 1,45 Millionen Euro von einem Berliner Kunstsammler ankaufen konnte. 
     Seither wurden die Uecker-Exponate in den Räumen der Galerie Alte & Neue Meister des Staatlichen Museums präsentiert. Mit dem Erwerb wurde das Haus, prominent gegenüber dem Schloss und dem Schweriner See gelegen, so zu einem führenden Ort für die Auseinandersetzung mit einem der wichtigsten Nachkriegskünstler Deutschlands. Die Präsenz-Sammlung Ueckers umfasst im Kern Objekte aus den späten 1960er bis frühen 1980er Jahren und reflektiert damit die Vielfalt seines künstlerischen Frühwerks.

 

Erweiterungsbau für das „Museum der Moderne“ im Hof des Staatlichen Museums Schwerin. Blick von der Werderstraße (Seeseite) aus. Die Kubatur des Neubaus ist so gewählt, dass sie nicht den Maßstab des historischen Museum (links) sprengt. Rechts: Duchamp-Forschungszentrum. Animation/Bild © 2015 ARGE Scheidt Kasprusch, Gesellschaft von Architekten mbH, Berlin und Reiner Becker Architekten BDA

 

Baustelle Die Erweiterung - derzeit noch verhüllt - ergänzt als neues Element den baukörperlich klar gegliederten Museums-Altbau. Sie besticht durch klare Geometrie und Reduktion der Materialwahl. Die Rückfassade des Museums bleibt baulich unangetastet. Foto © rART 2016

 

Museums-Haupteingang Wegen seiner technischen und funktionalen Gestaltung galt die Galerie bereits bei der Einweihung 1882 als bahnbrechend. Eine Erweiterung erfolgte 1902 bis 1905, seither wurde nichts mehr verändert. Der aktuelle Ausbau vergrößert die museale Nutzfläche um 33 Prozent. Foto © rART 2016

 

Dass an Kunstschätzen reiche Staatliche Museum Schwerin litt stets an Raummangel. Die Diskussion um eine Erweiterung dauerte gut zwei Jahrzehnte. Mit dem nun vor der Einweihung stehenden Bauwerk vergrößert das Haus seine Ausstellungsflächen erheblich. Der zweigeschossige Anbau hat eine Nutzfläche von 1400 Quadratmetern, davon sind 800 Quadratmeter als neue Schauflächen für die Kunst nach 1945 vorgesehen, vor allem für die Uecker-Werke.

     Ein Übergang aus Glas verbindet den Neu- mit dem Altbau der Galerie. Der schlichte Massivbau mit Stahl-Glas-Fassadenelementen an der Straßenseite passt sich optisch unauffällig in den Innenhof des Museums ein und bildet dort quasi den vierten Flügel des historischen Gebäudekomplexes. Die Baukosten werden mit rund 10 Millionen Euro veranschlagt. Sie werden vom Land Mecklenburg-Vorpommern, dem Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE) und privaten Spendern finanziert. Besonders die privaten Spenden-Aktivitäten sind bemerkenswert. Der dazu gegründete Verein nennt sich "Uecker in Schwerin: Neubau e.V." und trägt sein Ziel damit gleich im Namen (mehr).


Uecker-Etage In der oberen Etage des Erweiterungsbaus ist zudem die Präsentation einer Serie großformatiger Tücher geplant, die Uecker auf dem Strand der Halbinsel Wustrow bemalte. Ferner Tücher, die er speziell für die Schweriner Ausstellung realisierte. Uecker ist in den Kriegs- und Nachkriegsjahren auf Wustrow aufgewachsen. Unvergesslich sei ihm der Moment, so wird er zitiert, als er 1945 von sowjetischen Soldaten gezwungen wurde, Leichen vom Untergang des Schiffes Kap Arkona, die an den Strand gespült wurden, zu verscharren.

     Seit 2010 suchte Uecker die Halbinsel erneut auf, legte an den Grabstellen Tücher auf den Sand und schuf Bilder von extremer Farbigkeit. 

     Im unteren Geschoss soll die vielfältige Sammlung Neue Medien gezeigt werden, die aus Platzgründen nie präsentiert werden konnte.

 

Im Museumsbestand Max Liebermann, Enkelin des Künstlers, 1923, Öl auf Leinwand, Foto: Elke Walford © Staatliches Museum Schwerin

 

Mit dem Neubau wird auch im Altbau wieder Platz geschaffen. Beginnend mit der in ihrer Geschlossenheit einmaligen Schweriner Sammlung des DADA-Mitbegründers Marcel Duchamp (mehr) führen Werke von Lovis Corinth, Max Liebermann oder Götz von Seckendorff die Liste der Moderne-Künstler an. 

     Der Künstler Günther Uecker blieb im Übrigen seiner norddeutschen Heimat stets eng verbunden. Nach der Wende fand seine erste Ausstellung 1992/93 im Staatlichen Museum in Schwerin statt - wo jetzt der Erweiterungsbau neue Akzente setzen wird.
rART/cpw


 Die Eröffnung des Erweiterungsbaus war für den 1. und 2. Juli 2016 geplant und ist jetzt eröffnet. Zugleich bietet das Museum eine Uecker-Retrospektive.


► Die deutsche Sektion des internationalen Kunstkritikerverbandes (AICA) wählte 2005 das Staatliche Museum Schwerin zum „Museum des Jahres“. Der Verband würdigte damit ein Haus, das „auf der Basis einer außergewöhnlichen Sammlung alter Kunst durch systematische Ausstellungen und gezielte Ankäufe auch das schwierige Terrain einer konzeptuell geprägten Moderne erobert“ habe.


Staatliches Museum

Galerie Alte & Neue Meister Schwerin
Alter Garten 3
19056 Schwerin
Tel. 0385 / 59580
Öffnungszeiten
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